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Briten drohen mit Intervention

■ Blauhelmtruppen sollen zur Selbstverteidigung zuerst schießen dürfen / 11.000 Soldaten unterwegs

London/Sarajevo (AP/rtr/taz) – Großbritannien will bis zu 6.000 weitere Soldaten nach Bosnien schicken. Dies gab die Londoner Regierung nach einer Sondersitzung am Sonntag abend bekannt. Vorausgegangen war die Gefangennahme von 33 britischen Blauhelmsoldaten durch die Serben im ostbosnischen Goražde. Spekuliert wird nun, ob die Briten ihre Soldaten befreien wollen. Eine Möglichkeit, die von einem Vertreter des Londoner Instituts für Strategische Studien (IISS) gestern jedoch bereits zurückgewiesen wurde. Zwar seien Experten für solche Aktionen bereits in Bosnien, ein Einsatz sei aber schwierig, da die Geiseln an verschiedenen Stellen gefangengehalten werden.

Die 24. Airmobile Brigade machte sich gestern bereits reisefertig. Sie besteht aus zwei Infanteriebataillonen von je 600 Mann, mehreren Hubschraubern und einem Raketensystem zur Panzerabwehr. Rund 5.000 Soldaten sind in Alarmbereitschaft versetzt worden, doch es werden Wochen vergehen, bis sie nach Bosnien geschickt werden können, sagte ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums. Die britischen Soldaten sollen nicht unter UN-Kommando stehen. Außerdem will London aber auch die UN-Richtlinien ändern: Den Blauhelmen in Bosnien, wo bisher 3.380 britische Soldaten stationiert sind, soll gestattet werden, „in Selbstverteidigung zuerst zu schießen“.

In die Adria verlegt wurden gestern außerdem 2.000 US-Marines, die ein Manöver bei der Mittelmeerinsel Sardinien beendeten. Die französische Regierung entsandte den Flugzeugträger „Foch“ mit 3.000 Soldaten ins Krisengebiet. Der amerikanische Oberstleutnant Michael Wood bezeichnete die Truppenverlagerung als Vorsichtsmaßnahme. „Sie sind für den Fall da, daß sie welchen Auftrag auch immer ausführen können.“ Der für Europa zuständige Abteilungsleiter im US-Außenministerium, Richard Holbroke, erklärte in Budapest, die Situation in Bosnien sei am Wendepunkt angekommen: „Das Versagen, nicht schon am Anfang der Krise reagiert zu haben, ist der schwerste kollektive Fehler des Westens seit den 30er Jahren.“

Offizielle Äußerungen aus London, Paris, Washington und auch aus Bonn ließen die Bereitschaft durchscheinen, die UN- Truppen in Bosnien besser zu bewaffnen und eventuell zu größeren Einheiten zusammenzufassen. Außenminister Klaus Kinkel (FDP) sagte, die internationale Gemeinschaft müsse darüber nachdenken, die Blauhelme an „sicheren Orten“ zu konzentrieren und Möglichkeiten „für ein robusteres Eingreifen und Reagieren“ zu prüfen. Auch der SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt sagte, er sei dafür, die UN- Truppen aus einigen Gebieten abzuziehen und sie dafür in anderen zu verstärken.

In Bosnien haben die serbischen Truppen auch gestern wieder Blauhelme in ihre Gewalt gebracht, nun halten sie 372 Geiseln fest. Keine Bestätigung gab es dafür, daß die Serben zwei russische Gefangene freigelassen haben. Der russische Außenminister Andrej Kosyrew sollte nach Angaben von Regierungssprecher Sergej Kolessnikow „noch am Montag in die Balkanregion“ reisen. Welches Ziel der Minister jedoch ansteuert, wollte der Sprecher nicht sagen. Eine russische Nachrichtenagentur zitierte Kosyrew mit den Worten, Rußland wolle die „Barbarei gegen die Friedenstruppen der UNO“ in Bosnien nicht länger tolerieren. Ob dies auch eine Veränderung des UN-Mandats mit einschließt, blieb jedoch unklar. Kosyrew sagte, er hoffe, daß die internationale Kontaktgruppe sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen kann. Ziel sei die Durchsetzung eines neuen Waffenstillstands. Seite 8

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