: Kontaktgruppe bewahrt ihre heilige Einigkeit
■ Außenminister wollen Stärkung des Blauhelmmandats in Bosnien
Genf (taz) – Mit allgemein gehaltenen Absichtserklärungen hat die Bosnien-Kontaktgruppe in der Nacht zum Dienstag in Den Haag versucht, ihre Ratlosigkeit und Zerstrittenheit zu verdecken. Als eines der wichtigsten Ergebnisse ihrer Beratungen verkündeten Bundesaußenminister Klaus Kinkel und seine vier Amtskollgen aus den USA, Rußland, Frankreich und Großbritannien, daß die „Einheit der Kontaktgruppe bewahrt“ worden sei. Die Option weiterer Luftangriffe der Nato fand in dem Abschlußkommuniqué keine Erwähnung, nachdem sich Rußlands Außenminister Kosyrew in einer über zweistündigen, zum Teil lautstarken Debatte vehement dagegen gewandt hatte.
Die Außenminister sprachen sich in allgemeiner Form für die „Stärkung der Unprofor“ aus und trugen den Kommandeuren der Blauhelme in Bosnien auf, hierfür konkrete Vorschläge auszuarbeiten. Diese Aufforderung stieß bei Beobachtern auf Überraschung. Denn die Abteilung für Peacekeeping-Operationen (DPKO) im New Yorker UNO-Hauptquartier hat in den letzten Wochen in Konsultation mit den Kommandeuren bereits mehrere detaillierte Modelle für die Änderung des Mandats der Blauhelme ausgearbeitet. Allerdings wurde die offizielle Vorlage eines dieser Varianten durch UNO-Generalsekretär Butros Butros Ghali in den letzten Tagen immer wieder verschoben. Bei den internen Konsultationen im UNO-Hauptquartier zwischen den Ratsmitgliedern und dem Generalsekretär änderte insbesondere Frankreich in den letzten zwei Wochen mehrfach seine Haltung. Nach wie vor gilt der Abzug der Blauhelme aus den drei ostbosnischen Muslimen-Enklaven Srebrenica, Goražde und Zepa sowie eine Konzentration, bessere Bewaffnung und eventuelle Aufstockung der Unprofor-Einheiten in anderen Teilen Bosniens als die wahrscheinlichste Variante.
Die Kontaktgruppe kündigte auch erneut die „Verstärkung“ ihrer „diplomatischen Bemühungen“ an. So soll Serbiens Präsident Milošević „noch intensiver“ als bislang zur Anerkennung Bosnien- Herzegowinas gedrängt werden. Zu diesem Zweck wird der US-Gesandte Robert Freisure „in naher Zukunft“ nach Belgrad reisen. Erst vorletztes Wochenende war Freisure nach einwöchigen Verhandlungen mit Milošević frustriert und mit leeren Händen aus Belgrad zurückgekehrt.
Die humanitäre Versorgung der Zivilbevölkerung in von den Karadžić-Serben kontrollierten oder eingeschlossenen Gebieten auf dem Landweg wurde inzwischen „aus Sicherheitsgründen“ völlig eingestellt. Über den Flughafen Sarajevo werden bereits seit dem 8. April keine humanitären Lieferungen mehr abgewickelt. Andreas Zumach
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