: Die Hauptstadt wird aus dem Kahn gebaut
■ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung legt Studie für den Umbau des Westhafens vor: Neue Hafenfunktionen sollen neben den alten denkmalgeschützten Gebäuden entstehen / Containerareale und...
Der alte Spruch „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“ kann auch für die Zukunft gelten. Der Bauboom und der erhoffte Aufschwung zur Dienstleistungscity sollen, wie schon im 19. Jahrhundert, in großen Teilen über die Wasserstraßen und die mehr als 100 Hafenanlagen in der Stadt führen. Den Kernpunkt der Überlegungen um die Zukunft der dezentralen Güterumschlagplätze in Britz, Treptow oder Tiergarten bildet der Moabiter Westhafen, der im Rahmen des Ausbaus der Wasserstraßen im „Projekt 17 Deutsche Einheit“ an das Netz für die großen Binnenschiffer und langen Schubverbände angebunden werden wird. Im Jahr 2002 – nach aufwendigen Kanalverbreiterungen, Brückenanhebungen und Schleusenneubauten für rund 4 Milliarden Mark – könnten die 120 bis 180 Meter langen Kähne und modernen Containerschiffe dann dort festmachen. Umbau total?
Um den denkmalgeschützten Westhafen zu sichern und die zukünftigen Anlagen zu integrieren, hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Frankfurter Planungsbüro Albert Speer und Partner (AS&P) mit einer Studie beauftragt, die einen Kompromiß zwischen Denkmalschutz und Neubauten suchen sollte. „Wir gingen davon aus, daß sich der gegenwärtige Umschlag von rund 3,5 Millionen Tonnen jährlich auf 7 Millionen verdoppeln wird“, so Stefan Kornmamm (AS&P) gestern bei der Vorstellung der Planung. Zudem werde sich die derzeitige Funktion des Hafens von der Lagerhaltung für die einstige Insel West-Berlin zum Umschlagort für große Schiffe wandeln.
Die früheren Lagerflächen für Silos, Tanks und Halden (rund 80 Prozent der 40 Hektar großen Gesamtfläche des Hafens) werden in dem „Entwicklungskonzept“ von AS&P in vier neue Bereiche rund um die drei Becken aufgeteilt. Die Nordseite des Hafens soll für Baustoffe und Mineralöltanks reserviert werden. Im Süden sind Containeranlagen und Schrottareale geplant. Im Osten, hinter dem Verwaltungsturm, könnte die Behala ein Büro- und Verwaltungszentrum bauen.
Im Zentrum des neuen Hafenkonzepts soll die alte U-förmige Hafenanlage mit den Getreidespeichern und dem zentralen Verwaltungsturm aus Backstein aus der Zeit zwischen 1914 und 1927 nicht angetastet werden. Es sei eine der Bedingungen für die „Speer-Studie“ gewesen, so Stadtentwicklungssentor Volker Hassemer, neue Hafenfunktionen zu entwickeln, ohne auf die wichtigen denkmalgeschützten Gebäude verzichten zu müssen. Das Speer- Büro sei darum ausgewählt worden, weil es sich bei anderen Hafenumplanungen mit ähnlichen Problemen befaßt hatte.
Unter Denkmalschutz stehen nicht nur die alten Gebäude, sondern auch die historischen „Sichtachsen“ von der Putlitz- und Beusselbrücke auf den Hafen. Diese dürfen nicht durch Neubauten verbaut werden, sagte Hassemer. Offen ist noch das Konzept für das große Silo aus den sechziger Jahren – ebenso offen die Finanzierung. Rolf Lautenschläger
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