: Ende der Klärwerke bei Hoechst
■ Für integrierten Umweltschutz, aber gegen Ökosteuern
Frankfurt/Main (taz) – „Sustainable Development“ – nachhaltige, zukukunftsverträgliche Entwicklung – heißt die neue Zauberformel, die der neue Chef des Hoechst-Konzerns, Jürgen Dormann, bereits im vergangenen Jahr als „neuen Orientierungsrahmen für unser unternehmerisches Handeln“ ausgab.
Bei Hoechst, so Vorstandsmitglied Ernst Schadow gestern bei der Vorstellung des Programms „Progress 1995“, würden deshalb Umwelt, Sicherheit und Gesundheit inzwischen den gleichen Stellenwert einnehmen wie die wirtschaftlichen Zielsetzungen: „Wir wollen aktiv dazu beitragen, daß unsere Gesellschaft die Entwicklungsmöglichkeiten künftiger Generationen nicht durch eine übermäßige Nutzung der natürlichen Ressourcen einschränkt.“ Der Konzern konzentriere seine Aktivitäten auf die Entwicklung innovativer und umweltverträglicher Produkte, auf die globale Zusammenarbeit und auf zukunftsweisende Produktionskonzepte.
Der sogenannte additive Umweltschutz, mit dem die ökologischen Folgen von Produktionsverfahren lediglich durch Nachsorge – Klärwerke, Abluftreinigungsanlagen, Abfallverbrennungsanlagen – vermindert wurden, sei „am Ende“, sagte Schadow. Rund 1,7 Milliarden Mark habe Hoechst in den vergangenen zehn Jahren noch für diesen additiven Umweltschutz investiert – zuletzt für eine Klärschlamm-Verbrennungsanlage im Stammwerk.
Damit soll jetzt Schluß sein. Umweltschutz, so Schadow, beginne nämlich bei der Forschung: „Bereits im Reagenzglas entscheidet sich, welche Ressourcen und wieviel Energie später in der Produktion notwendig sein werden.“ Und diese Umstellung auf den „produktionsintegrierten Umweltschutz“ habe schon erste Früchte getragen. Im Stammwerk in Höchst habe ein Teil der Kläranlage stillgelegt werden können, weil durch die Entwicklung neuer Produktionsverfahren weniger verschmutzte Abwässer entstanden seien. Die dadurch freiwerdenen Mittel würden nicht als Gewinn verbucht, sondern für die Entwicklung weiterer umweltschonender Prozesse ausgegeben.
Die Politik soll diese Entwicklung durch Innovationsförderung unterstützen, verlangte Schadow. Ökosteuern lehnt der Chemiekonzern dagegen ab. Denn diese Abgaben dienten nur vordergründig dem Umweltschutz. „Ich bin sicher, daß die Einnahmen aus der Abwasserabgabe [in Hessen, die Red.] und geplanten Ökosteuern langfristig zur Finanzierung staatlicher und kommunaler Aufgaben dienen werden.“ kpk
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