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■ Der Berlin-Brandenburger Flughafen wird wohl nie gebautDie Pro-Entscheidung, die contra ist

Auf dem Weg zu einem neuen Großflughafen sind Bundesverkehrsminister Wissmann, Berlins Regierender Bürgermeister Diepgen (beide CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe (SPD) gestolpert. Ihr gestriges Spitzengespräch war eine der wichtigsten Etappen, wollte das Männer-Trio doch endlich Klarheit schaffen, wo das gigantische Projekt in der Größe einer Kleinstadt nun endlich plaziert werden soll. Dabei sind die drei keinen Schritt weitergekommen. Daß der ehemalige DDR-Flughafen in Schönefeld dem Bedarf entsprechend ausgebaut werden soll, war vor dem „Spitzentreffen“ eh klar. Die beiden anderen Berliner Flughäfen, Tegel und der innerstädtische Airport Tempelhof, könnten auch beim besten Willen kaum mehr vergrößert werden. Und die von Bonn vorgeschlagenen Prüfung einer privaten Finanzierung des Standortes Sperenberg ist nur ein Spiel um Zeitgewinn. Privatinvestoren haben bislang kein Abgebot vorgelegt und werden auch künftig keines vorschlagen, da sie alle Risiken tragen sollen und einen Großteil der Kosten für Autobahnen und Schienenstränge übernehmen müßten.

Die Entschlußlosigkeit der Spitzenpolitiker hat weitreichendere Folgen, als sie zugeben möchten. Der Aufsichtsrat der Flughafen-Holding sollte Ende dieses Monats rechtsverbindlich entscheiden, wo die Start-und-Lande-Bahnen für bis zu 40 Millionen Passagiere jährlich ausgerollt werden sollen. Ohne Vorentscheidung der Holding-Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund kann das Gremium nun nichts tun. Diepgen wie Stolpe hatten auch deshalb in Bonn gedrängt, weil sie befürchteten, daß der Eröffnungstermin, der eh schon vom Jahr 2004 auf das Jahr 2010 verschoben worden ist, sonst nicht mehr zu halten wäre. Und je später Berlin-Brandenburg International in Betrieb geht, desto überflüssiger wird die Betonpiste. Flughäfen sollen bei Amsterdam, Paris und London aus- sowie im nahen Polen neu gebaut werden. Welche internationale Airline sollte dann noch ihre Flüge in die Mark Brandenbeurg verlegen?

Die Gefahr einer Verzögerung war Stolpe und Diepgen nur allzu bewußt. Daß beide gestern dennoch so taten, als hielten sie ernsthaft an dem Projekt Großflughafen fest, hat mit überlegter Verkehrspolitik nichts mehr zu tun. Sie wollen eine der größten europäischen Baustellen vor ihre Haustür holen, um mit Milliardenaufträgen die Konjunktur in der für bundesdeutsche Verhältnisse armen Region anzukurbeln. 20 Wochen vor den Berliner Wahlen braucht Diepgen darüber hinaus Erfolgsnachrichten, liegt er doch in den Umfragen derzeit nur noch unmerklich vor seiner Konkurrentin von der SPD, Ingrid Stahmer. Wenn beide Länderchefs aber den Mißerfolg beharrlich leugnen, dann auch deshalb, weil Diepgen und Stolpe nicht zugeben wollen, daß ein Projekt Großflughafen für einen Regierenden Bürgermeister von Berlin und einen Brandenburger Ministerpräsidenten eine paar Nummern zu groß war. Ein Großflughafen Berlin-Brandenburg wird nicht mehr kommen. Und das ist aus einem anderen Grunde eine gute Nachricht. Ökologisch gesehen ist selbst das kleinste Rollfeld ein Airport zuviel. Dirk Wildt

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