: Giftige Autos hinter Gitter!
■ Länder wollen bei hohen Benzolwerten Verkehr auf Autobahnen und Hauptstraßen einschränken
Berlin (taz) – Der Bundesrat hat gestern der Verkehrspolitik der Kohl-Regierung Paroli geboten. Die Ländervertreter änderten an entscheidenden Stellen die Verwaltungsvorschrift über Verkehrsbeschränkungen bei hohen Benzol- und Dieselrußwerten, bevor sie ihr zustimmten.
Demnach sollen Kat-Autos nicht in jedem Fall weiterrasen dürfen, so wie Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) es vorgeschlagen hatte. Vor allem aber wollen die Länder, daß bei Überschreiten von 15 Mikrogramm Benzol und 14 Mikrogramm Dieselruß pro Kubikmeter Luft auch die Sperrung von Hauptstraßen nicht ausgeschlossen ist.
Sie fordern eine sorgfältige Abwägung der Gesundheitsinteressen der AnwohnerInnen – die beiden Stoffe sind schließlich krebserregend – gegenüber den Bedürfnissen der Bleifußfraktion. „Unabweisbare Verkehrsbedürfnisse in den betroffenen Gebieten müssen berücksichtigt werden“, heißt es jetzt. Wissmann hatte hingegen geschrieben, die Bedürfnisse müßten auch „befriedigt“ werden.
Im Verkehrsministerium reagierte man gestern kurz angebunden auf die Entscheidung. „Das Kabinett wird das in Kürze prüfen“, sagte eine Sprecherin. Die Bundesregierung, die das Inkrafttreten der bereits im letzten Jahr verabschiedeten Grenzwerte von der Verordnung abhängig gemacht hat, hat jetzt zwei Möglichkeiten: Sie kann entweder die Änderungen akzeptieren, so daß das Gesetzespaket wie geplant zum 1. Juli in Kraft tritt. Oder sie kippt den Bundesratsbeschluß und steht in der Öffentlichkeit, wie schon bei der Ozondebatte, als menschenverachtende Autolobby da.
Wie autozentriert die Bonner Politik ist, zeigt sich auch daran, daß dieser Tage der 40.000.000ste Pkw auf deutschen Straßen zugelassen wird. Jeden Monat wächst die Autoflotte um 300.000 Wagen. Wissenschaftler streiten zwar darum, ob das Image der Blechkiste schon ruiniert ist. Fest steht allerdings, daß die Staus noch keine heilsame Wirkung gehabt haben. Automanager fordern nach wie vor mehr Straßen. Annette Jensen Seiten 3 und 6
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