: Ein Modellvertrag wäre die einfachste Lösung
■ Rechte und Pflichten von Verleger und ÜbersetzerInnen sind häufig ungeklärt
ÜbersetzerInnen sind bescheiden. Zu diesem Schluß muß kommen, wer sich die Resolutionen ansieht, die seit der Berner Konvention zum Urheberrecht im Jahre 1886 immer wieder verabschiedet worden sind. Man kann sie in einem Satz zusammenfassen: Literarische ÜbersetzerInnen wollen als AutorInnen anerkannt werden und in den Genuß der ihnen zustehenden moralischen und materiellen Früchte kommen.
Daraus ergibt sich, daß sie im Besitz des Urheberrechts bleiben und für jegliche Verwendung ihrer Übersetzungen nicht nur pünktlich, sondern auch angemessen bezahlt und als AutorInnen der Übersetzung genannt werden wollen. Darüber hinaus steht ihnen „das Recht auf Integrität des übersetzten Textes“ zu – mit anderen Worten: Jede Veränderung bedarf ihrer Zustimmung.
Die meisten dieser Punkte sind eigentlich seit mehr als einem Jahrhundert anerkannt und in vielen Ländern durch Gesetze abgesichert. Doch an der Tatsache, daß man auf diese Punkte ständig hinweisen muß, läßt sich ablesen, daß die Maßnahmen zu ihrer Umsetzung nicht sehr effektiv sind. Die einfachste Lösung scheint ein Modellvertrag zu sein, der die Rechte und Pflichten beider Seiten, der Verleger und der ÜbersetzerInnen, im einzelnen festlegt. In den Ländern, in denen es einen starken Übersetzerverband gibt, wurde dieser Weg auch mehr oder weniger erfolgreich beschritten.
In den Niederlanden zum Beispiel funktioniert dieses System ganz gut. Die Regierung in Den Haag subventioniert Übersetzungen und hebt dadurch das magere Einkommen der Verlage auf ein angemessenes Niveau. Die Subventionen werden freilich nur dann gezahlt, wenn der Lohn nicht unter ein festgelegtes Minimum sinkt. Mit dieser Regelung hat man dem Schwarzmarkt bei literarischen Übersetzungen praktisch einen Riegel vorgeschoben. Grundlage des niederländischen Verfahrens ist die Erkenntnis, daß es nicht allein der freien Marktwirtschaft überlassen werden darf, welche Werke übersetzt werden und welche nicht. Vom selben Prinzip geht auch das „Ariane“-Programm der EU aus, das vor kurzem in der Londoner Sunday Times völlig zu Unrecht lächerlich gemacht worden ist (siehe Tour d'Europe auf dieser Seite).
Es gibt auch andere Wege: Irland hat ÜbersetzerInnen in die Kategorie der KünstlerInnen aufgenommen, die von der Steuer befreit sind. Der höchstdotierte irische Literaturpreis im Wert von umgerechnet einer viertel Million Mark kann künftig auch für übersetzte Bücher vergeben werden, und nicht nur für original englischsprachige Werke. Umgekehrt zeigen AutorInnen in Großbritannien und Irland verstärkt Interesse am Schicksal ihrer Bücher im Ausland und lassen die Bedingungen für ÜbersetzerInnen oftmals bereits in ihren eigenen Verträgen festschreiben.
Wenn all die Institutionen und Agenturen, die literarische Übersetzungen auf die eine oder andere Art fördern, sich auf einen Modellvertrag einigen könnten, so wäre das ein großer Schritt zur Sicherung der Rechte für ÜbersetzerInnen. Einen wichtigen Punkt sollten sie dabei nicht vergessen: Die Verlage müßten verpflichtet werden, ihre Abrechnungen nicht nur transparenter, sondern auch häufiger zu machen. Giuliana Zeuli
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