: Verboten, strafbar und teuer
■ GAL stellte Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes vor / Bonner Bündnisgrüne kritisieren die Strafbarkeit
Hamburg (taz) – „Ausländer unerwünscht“: Vermieter, die in ihrer Wohnungsanzeige nach Hautfarbe und Herkunft auswählen, müssen derzeit keine rechtlichen Konsequenzen befürchten. Solcherlei Feindlichkeiten soll nach dem Willen der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) bald ein Ende haben; die Oppositionspartei stellte letzten Freitag den bundesweit ersten Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetz vor.
Danach sollen Minderheiten – nach dem Vorbild der Frauengleichstellung – gezielt gefördert und Diskriminierung gesetzlich sanktioniert werden. Das Hearing zum Gesetzentwurf zog nicht nur Hamburger Fachleute und Grüne an. Auch Berliner und NRW- Grüne waren angereist, um zu sehen, wie man mit einer solchen Vorlage den Hauptstadt-Wahlkampf und die Düsseldorfer Koalitionsverhandlungen aufmischen könnte. Auf der hanseatischen Landesebene will der Entwurf vor allem gesetzliche Grundlagen schaffen, um die massive Benachteiligung von Minderheiten durch Quotierung im öffentlichen Dienst und in staatseigenen Unternehmen auszugleichen. Gleichzeitig sollen eine „Leitstelle“ – ein um Rechte und Kompetenzen erweitertes Büro des Ausländerbeauftragten – und dezentrale Antidiskriminierungs-Büros die angestrebte Gleichstellung institutionell absichern, rassistische Vorfälle dokumentieren und Bildungsarbeit leisten.
Verboten, strafbar und teuer könnte rassistische Diskriminierung allerdings erst auf Bundesebene werden. Deshalb sollen nach Hamburger Vorstellungen die Strafbarkeit rassistischer Diskriminierungen, Schadensersatzpflicht und Beweislastumkehr auf Bundesebene gesetzlich verankert werden. Wer dann einen Arbeitnehmer wegen seiner Hautfarbe entlassen, nicht befördern oder schikanieren wird, wer potentielle Mieter aufgrund ihrer Herkunft ablehnt oder AusländerInnen den Einlaß in die Bar verweigert, dem könnte eine Schadensersatzklage in den Briefkasten flattern.
Wiederholungstaten und massive rassistische Diskriminierung könnten sich zum Straftatbestand auswachsen – mit Geldstrafen und Gefängnis bis zu zwei Jahren könnte dann dem unbelehrbaren Rassisten juristisch zu Leibe gerückt werden. Am „staatlichen Rassismus“ wollte sich der Gesetzes-Architekt, der Hamburger Jurist Dan Leskien, allerdings nicht abarbeiten. Die Grundpfeiler der gesetzlichen Ungleichbehandlung von deutschen und nichtdeutschen – etwa durch das Ausländergesetz – bleiben absichtlich unangetastet, weil sonst ein Antidiskriminierungsgesetz kaum realisierbar wäre. „Dies bedeutet, daß zwar der Staat diskriminieren darf“, so Leskien, „nicht aber der Diskothekenbesitzer, das Versicherungs- oder das Wohnungsunternehmen.“
Umstritten an dem Hamburger Entwurf ist vor allem die Strafbarkeit einer rassistischen Tat. „Wir waren immer für weniger statt mehr Strafen“, hob der Berliner AL-Abgeordnete Ismail Hakki Kosan einen alten linkspolitischen Grundsatz hervor. Außerdem müsse rassistische Diskriminierung auf Personen bezogen werden können: „Das Gesetz darf den Türken, der einen Schwarzen diskriminiert, nicht verschonen.“ Auch in Bonn stößt Diskriminierung als Straftatbestand auf wenig grüne Gegenliebe, zumal man dort gerade selbst auf Hochtouren an einem eigenen Gesetzentwurf arbeitet, der noch in der Sommerpause bundesweit diskutiert werden soll.
„Die Mehrheit ist gegen die Strafbarkeit“, beschrieb Walid Nakschbandi, wissenschaftlicher Referent bei der grünen Bundestagsfraktion, die Richtung der Bonner Bündnisgrünen. Die Kritik des Hamburger GAL-Bürgerschaftsabgeordneten Martin Schmidt, daß Quotierung dazu zwingen würde, den Minderheitenstatus nachzuweisen – also einen „Nicht-Arier-Nachweis“ zu erbringen –, wird in Bonn hingegen nicht geteilt. Silke Mertins
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