: „Manchmal platze ich vor Sattheit“
■ Jasmin Tabatabai und Dani Levy über ihren Film, türkische Putzfrauen und schlechte Drehbücher
Eine „neo-romantic-fast-food-comedy“ nennt Matthias Glasner seinen Debütfilm „Die Mediocren“. Die Hauptfiguren: Zwei wechselnde Pärchen um die 30, die gerne wüßten, was sie wollten und vom Leben erwarten sollen. Die taz traf sich mit zwei der Mediocren, Jasmin Tabatabai (27) und Dani Levy (36), zum Filmstart in Bremen.
taz: Nach einer Botschaft sucht man vergeblich in den „Mediocren“. Der zentrale Satz in Eurem Film war für mich: ,Wenn ihr etwas findet, woran ihr glaubt, sagt es mir, ich bin sofort dabei!'
Jasmin Tabatabai: Ja, durchaus richtig.
Dani Levy: Vor- und Nachteil des Films ist, daß er sich relativ wenig stellt. Er fängt im Nichts an und hört im Nichts auf. In der Mitte eines Flusses schwimmt da irgendwo dieser Film rum. Hier gibt es keine Figuren mit einem deftigen Ziel, die etwa den Heiligen Gral finden wollen oder ihre AIDS-Krankheit überwinden. Die Mediocren haben keine Aufgaben, sondern nichts anderes als ihren dämlichen innerdeutschen Rassismus.
Wieviel hat die Robin aus dem Film mit Jasmin zu tun?
Jasmin:Ich bin privat nicht genau so wie Robin. Doch ihren Zynismus zum Beispiel, den kenne ich auch sehr gut, aus Zeiten, wo ich unglücklich verliebt bin. Ganz schnell einen coolen Spruch, ja nichts an sich 'ranlassen. Letztendlich spielt man immer Rollen, die man auch ist.
Dani: Was ich an dem Film modern finde: Die Leute beschäftigen sich mit allem – und mit nichts richtig. Das ist eine Generation, die saugt unheimlich viel auf. Oft habe ich selbst das Gefühl, ich platze vor Sattheit. Die Mediocren brabbeln über alles, aber sie entwickeln sich nicht.
Jasmin: Was auch ganz wichtig ist: Die Betrachtungsweise in dem Film ist eine leichte. Man geht mit Humor mit den Problemen unser Generation um, etwa dem Verlust von Idealen, die sich – zumindest für mich – als falsch erwisen haben. Ich habe unter Regisseuren und Lehrern, die Ex-68er waren, ziemlich gelitten. Man kann auch über sich selbst lachen, das unterscheidet die „Mediocren“ auch vom Autorenfilm. (zu Dani)Red' ich Scheiß? (lacht)
Die elegischen Streicherklänge, die den Film untermalen, sind aber alles andere als leicht...
Dani: Wenn Leute aus den „Mediocren“ rauskommen und verstört sind, find ich das klasse. Ich kann hundeäugige Komödienhelden und diese nichtssagende Komik, die in deutschen Filmen zelebriert wird, nicht mehr sehen.
Im zweiten Teil des Films wird einer der Mediocren als Ossi geoutet, so als wäre er ein Schwerverbrecher...
Jasmin: Meiner Meinung nach wird das Thema Wessi-Ossi zum ersten Mal im deutschen Film so behandelt, wie die meisten Leute darüber denken. Da will ich mich nicht ausnehmen. Ich wohne selber im Osten Berlins, bin halbe Ausländerin – mein Vater ist Perser – und sowieso weltoffen, denk' ich... Wenn ich aber in Ost-Berlin kein Parmesan-Käse zu kaufen kriege, ist mein erster Gedanke: Scheiß-Osten. Typisch, natürlich haben sie das hier nicht.
Habt ihr die Dialoge zusammen mit dem Regisseur entwickelt?
Dani: Nein, das kam alles von Matthias (Glasner, Red.). Das sind Dialoge auf einem ganz hohen Niveau. Die Arbeit daran ist, diese Dialoge möglichst authentisch zu bringen. Sie eignen sich nicht zum Improvisieren.
Jasmin: ,Die Schwierigkeit ist der Umgang mit Texten, die intelligenter sind als man selbst': Das ist etwas, was beim Theater oft der Fall ist. Beim Drehbuch zu den „Mediocren“ hatte ich dieses Gefühl zum ersten Mal wieder seit Ewigkeiten.
Im Presseheft ist von sexuellen Ausschweifungen am Set die Rede...
Dani: Da blieb uns nichts anderes übrig. Wenn ich schon nichts bezahlt kriege, will ich wenigstens Sex haben (lacht).
Jasmin: Das sind Sachen, die bleiben unter dem Mäntelchen der Verschwiegenheit!
Jasmin, Du machst auch Musik, nämlich Country music in Deiner Band „Even Cowgirls get the Blues“. Läßt sich beides in Deinem Leben unterbringen?
Jasmin: Bevor ich irgendeinen Scheiß drehe, mach' ich lieber Musik. Ernsthaft: Ich bin wirklich der Überzeugung, daß ich, wenn ich blond und blauäugig wäre und nicht Tabatabai hieße, hätte ich bestimmt schon sehr viel mehr Filme gemacht. Ich bin stolz darauf, daß ich nicht mehr die türkische Putzfrau spielen muß. Ich habe aber nie frei, was mir aber nicht leid tut. Die Band ist meine Familie.
Und Dein Rückhalt?
Dani: (weinerlich) Meine Mutti, meinen Papi...
...auch gute Drehbücher?
Dani: Die furchtbar schlechten Drehbücher, die man mir angeboten hat von großen Firmen – von Sat 1, vom WDR – werden ja auch gemacht. Da hat sich dann einer gefunden, der das Wort für Wort umsetzt. Ich stehe immer staunend vor dem Phänomen, wie viele Leute sich diese Sachen mit großem Lustgewinn anschauen.
Dani Levy, Schauspieler und Regisseur, die ewige Frage: Wie kann man den Ruf des deutschen Films verbessern, damit nicht nur „Abgeschminkt“ und „Der bewegte Mann“ Erfolg haben?
Dani: Manchmal bin ich „konservativ“ und denke, es ist sinnvoll, die Kinos hätten Auflagen, ein bestimmtes Kontingent deutscher Filme zu spielen. Wenn Du einen Film machst, der nicht gerade auf der Welle liegst, hast du Schwierigkeiten, ein Kino zu finden. Aber wir müssen das Publikum auch anders erziehen, damit es sich mit mehr Bereitschaft auf mehr Dinge einläßt.
Fragen: Alexander Musik
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