: Angst vor neuen Atomversuchen
■ Frankreichs Militärs wollen Sprengungen auf dem südpazifischen Mururoa-Atoll wiederaufnehmen
Paris (AP/AFP) – Kritiker im In- und Ausland haben die französische Regierung gestern davor gewarnt, die Atomtests auf dem Mururoa-Atoll im Südpazifik wieder aufzunehmen. Frankreichs Verteidigungsminister Charles Millon hatte tags zuvor in Paris erklärt, das Militär wolle neue Testsprengungen. Ein Ausschuß unter Leitung des Generalstabschefs Admiral Jacques Lanxade sei zu dem Schluß gekommen, daß nur so die Effektivität und die Sicherheit des Atomwaffenarsenals gewährleistet werden könne.
Eine Wiederaufnahme der Tests stehe im Gegensatz zu der historischen Entwicklung, sagte der Sozialist Lionel Jospin am Dienstag abend in Saint-Etienne. Sollte Präsident Jacques Chirac zustimmen, so begehe er einen politischen und diplomatischen Fehler.
Auch aus den USA wurde Kritik laut. Der Leiter der US-Regierungsbehörde für Abrüstung und Rüstungskontrolle, John Holum, sagte am Dienstag in Washington, kein Land müsse zum gegenwärtigen Zeitpunkt seine Nuklearwaffen modernisieren. Das Militär sollte statt dessen mit Computersimulationsprogrammen arbeiten.
Chirac begann nach Angaben seiner Mitarbeiter bereits mit breitangelegten Konsultationen über die Möglichkeit erneuter Atomversuche, traf aber noch keine Entscheidung. Sein Vorgänger, François Mitterrand, hatte im April 1992 ein Testmoratorium verhängt und dies mit der Bedingung verknüpft, daß auch die anderen Atommächte auf weitere Versuche verzichten. Die USA, Rußland und Großbritannien folgten diesem Beschluß, China jedoch nicht.
Nach Informationen der französischen Tageszeitung Liberation empfahl der Ausschuß Chirac, die Zahl der weiteren Versuche auf höchstens zehn zu begrenzen, um dem Präsidenten die Wiederaufnahme zu „erleichtern“. Der Staatschef hatte im Wahlkampf versprochen, daß bei einer Wiederaufnahme der genaue Termin für die vollständige und endgültige Einstellung genannt wird.
Die französischen Überlegungen lösten vor allem im Südpazifik Besorgnis aus. Neuseeland und Australien warnten den neuen Staatschef vor einer Belastung der Beziehungen. Greenpeace kündigte am Donnerstag in Paris an, daß die „Rainbow Warrior II“ sich am Dienstag nächster Woche von Auckland aus auf den Weg zum Mururoa-Atoll machen wird.
Bei einem Anschlag des französischen Geheimdienstes auf das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“, mit dem die Umweltschützer gegen die Tests protestieren wollten, war im Juli 1985 in Auckland ein Mensch getötet worden. Der französische Verteidigungsminister Charles Hernu mußte daraufhin zurücktreten.
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