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Unterm Strich

Zwischen 3.761 Meldungen um Christo und ihn herum („Es begann mit einer Postkarte“, „Ein erfüllter Wunsch zum 60.“, „Christo-Hausse auf dem Kunstmarkt sichert Reichtagsprojekt“ etc.) etwas einsam die zweite den Tourismus betreffende Top-Neuigkeit aus Berlin: Die Love Parade ist jetzt endgültig genehmigt, und zwar als politische Demonstration. So entschied, nach einer Anhörung mit Vertretern des Innensenats, der Polizei, des Straßenverkehrsamts und der Love-Parade-Organisatoren ein Innenstaatssekretär – Böse heißt der gute Mann – mit den historischen Worten: „Es wird eine Demonstration“. Am Samstag, den 8. Juli, um 16 Uhr wird am Wittenbergplatz losdemonstriert, Motto, jetzt endgültig: „Peace On Earth“. Eindringlich rufen die Veranstalter noch einmal die anreisenden Raver auf, keinen Müll zu hinterlassen (nachdem die Sache zunächst an der zu erwartenden Höhe des Müllaufkommens zu scheitern schien). Um im nächsten Jahr nicht erneut in Zeitnot zu geraten, heißt es, werden „schon heftig Pläne geschmiedet“.

Liebesparaden und Reichstagsverhüllungen bestimmen zwar in toto mit zäher Macht die Nachrichtenlage in der Hauptstadt, aus welcher ersterer hier Tag für Tag aufs strengste und sorgfältigste nur das Beste und Wissenswerteste ausgewählt wird, die eigentliche, die prototypische, durchschnittliche, oft und nur allzuoft übersehene und schnöde weggeworfene Berlin-Meldung sieht trotzdem ein wenig anders aus, vor allem, wenn man das brandenburgische Umland mit hinzuzieht. „Blues auf der Wiese mit Feedback und den Olsenbrothers am Freitag, den 9. Juni in Großbeeren bei Mahlow, Einlaß 17.00 Uhr, Beginn 18.00“, so in etwa. Es liest sich am frühen Morgen fast immer wie ein Gedicht bzw. haut mir in die Augen, Kleines.

Taslima Nasrin, der, wie gemeldet, von diversen Agenturen und durchaus renommierten

Zeitungen ein Verhältnis mit dem in Berlin lebenden bengalischen Schriftsteller Dowd Haider angedichtet wurde, ist seit Dienstag in Berlin, soviel ist wahr. Nasrin ist für drei Monate Gast des künstlerischen Austauschdienstes DAAD und will in Berlin möglichst abgeschirmt von der Öffentlichkeit an einem neuen Text arbeiten. Heute wird sie sich, wie es offiziell immer so schön heißt, der Presse stellen.

Am kommenden Wochenende wird in Meckenheim bei Bonn ein Gründungskongreß der „Stiftung für kurdische Kunst, Kultur und Wissenschaft“ stattfinden. Ziel ist die Verbesserung der Exilsituation und die Schaffung einer Plattform zur Repräsentation kurdischer Kultur. „Nach einem mehr als einjährigen Diskussionsprozeß“, heißt es in einer Presserklärung der Veranstalter, sei beschlossen worden, „gemeinsam eine kurdische Organisation für Kunst, Kultur und Wissenschaft ins Leben zu rufen, um sowohl miteinander als auch in Zusammenarbeit mit Deutschen und Kulturschaffenden anderer Nationalitäten in Europa besser zu wirken und effektivere Ergebnisse zu erzielen“. Falls die Mehrheit der bei dem Kongreß Anwesenden das ebenso sieht, „wird am zweiten Tag die Gründung vollzogen“. Leider nennen die Veranstalter keine Telefonverbindung, nur Spendenkontonummern und eine Adresse: DRK-Generalsekretariat, z. Hd. Frau Ute Möhring, Königswinterer Str. 29, 53227 Bonn.

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