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„Die Leute sind verzweifelt“

■ Pierre Buyoya, ehemaliger Staatspräsident von Burundi, über die schwindenden Chancen einer Versöhnung zwischen Tutsi und Hutu

Oberst Pierre Buyoya, Staatspräsident von 1987 bis 1993, hat in seiner Amtszeit den Weg für freie Mehrparteienwahlen bereitet. Heute scheiden sich an ihm die Geister: Teile der Hutu-Bevölkerung in Burundi glauben, er arbeite auf einen Militärputsch hin, Teile der Tutsi-Bevölkerung halten ihn für einen Verräter. Diplomaten aber zitieren ihn als moralische Instanz und würdigen seine Bemühungen um Frieden. Das Interview fand in Bujumbura statt.

taz: Wem ist die Hauptschuld an der Krise in Burundi anzulasten?

Pierre Buyoya: Die Verantwortung ist geteilt. Die Hutu-Extremisten haben dem Land den Krieg erklärt. Die Tutsi-Extremisten destabilisieren die Regierung und stehen hinter den Tutsi-Milizen. Wer hat also mehr Verantwortung? Das ist schwer zu sagen.

Erwarten Sie einen Putsch?

Ein Putsch könnte die Krise in Burundi jedenfalls nicht lösen. Damit würde der Weg zum Bürgerkrieg nur beschleunigt.

Es gibt Kreise, die Ihnen vorwerfen, gemeinsam mit Jean-Baptiste Bagaza auf einen Putsch hinzuarbeiten. Was sagen Sie dazu?

Bagaza ist nicht mein Freund. Wir haben nicht dieselben politischen Ansichten. Er steht hinter den Extremisten auf der Tutsi- Seite. Ich war am Aussöhnungsprozeß beteiligt und verfolge diese Linie auch weiter.

Halten Sie eine Armeereform für nötig?

Darüber herrscht Übereinstimmung. Zu klären ist noch das Wie. Es wäre aber ein Fehler, die Probleme in Burundi nur im Blick auf die Armee zu sehen. Die Reformen in Südafrika haben Politik, Verwaltung, Justiz umfaßt. Dasselbe muß in Burundi geschehen.

Was hat zu der Krise geführt?

Das Krisenmanagement seitens der Regierung war sehr schlecht. Die Leute sind verzweifelt, haben Angst, sehen keine Zukunft. Deshalb flüchten sie sich jetzt in ihre jeweiligen ethnischen Gruppierungen, auf die extremistische Seite. Und so werden Reformen und Demokratisierung schwieriger und schwieriger.

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