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Blut und Sperma lieb ich sehr...

■ Zum Christopher Street Day: Fassbinders „Querelle“-Adaption wieder im Kino

Seit fünf Jahren ist Rainer Werner Fassbinders letzter Film nicht mehr im Kino zu sehen gewesen: „Querelle“ (1982). Die Romanvorlage stammt von Jean Genet, einem „enfant terrible“ der französischen Literaturgeschichte. Viel weiß man nicht aus Genets Leben, das geprägt war von Prostitution, Diebstahl und Drogenhandel. 1948 zu lebenslanger Haft verurteilt und erst durch Intervention von Sartre und Cocteau begnadigt, veröffentlichte Genet in den vierziger Jahren fünf autobiographisch gefärbte Romane, darunter 1947 „Querelle de Brest“. Angesiedelt ist der Text im allzeit nebelgeschwängerten Ambiente der bretonischen Hafenstadt. Vordergründig geht es um die verbrecherischen Machenschaften dubioser Dunkelmänner in der Stadt, doch die interessieren Genet kaum. Seine Domäne sind die komplexen, schwül-imaginativen Passagen, die die magere Handlung, ausgelöst vom Landgang des homosexuellen Matrosen Georges Querelle, durchziehen.

Was wäre wohl aus dem Stoff geworden, der auch Sam Peckinpah, Hollywood-Altmeister in Sachen blutige Action-Spektakel (“Convoy“), angeboten wurde? Wohl ungefähr das Gegenteil von Fassbinders Version. Fassbinder baut Brest im Studio nach. Die Kaimauern sind sichtlich aus Pappe und phallusbewehrt, Brest versinkt in einem immerwährenden, kitschig orangenen Sonnenuntergang in Cinemascope. Kunstvoll künstliche Lichtgebung in jeder Einstellung. Operettenchoreographie, wenn die Matrosen zum Deckschrubben, Kohlenschippen oder Messer-Zweikampf antreten. Denn um Naturalismus geht es Fassbinder ebenso wenig wie Genet. Die Ausbeutung der Gefühle, das Motiv zieht sich durch alle seine Filme.

Im Falle des naiven Querelles (Brad Davis): die emotionale Ausbeutung des jungen, schönen Matrosen, der im berüchtigten Bordell „La Féria“ aufgrund eines verlorenen Würfelspiel in die gleichgeschlechtliche Liebe eingeführt wird. Alle wollen was von Querelle. Auch Lysiane (Jeanne Moreau), die einzige Frau des Films, eine alternde Hafendirne, deren Gefühle seit Ewigkeiten an Querelles Bruder Robert abprallen. Doch von belastenden Gefühlen will auch Querelle nichts wissen. Wie alle Figuren in Genets Männerwelt. Im Roman geht Querelle einsam wieder an Bord.

In Fassbinders Adaption wird das emotionale Vakuum am Schluß aufgehoben: Der Schiffsoffizier Seblon (Franco Nero) – eine weitere schwule Figur im Genet'schen Homo-Kosmos – nimmt ihn im doppelten Sinn an der Hand. Fass-binder scheut in seiner komgenialen Querelle-Version plakative Großaufnahmen gut gefüllter männlicher „Päckchen“ ebensowenig wie Textinserts mit Genet- und Plutarch-Zitaten. Wer mit Fassbinders greller Bildwelt klar kommt, wird sich freuen, Frank Ripploh („Taxi zum Klo“), Robert van Ackeren, Burkhard Driest, Günther Kaufmann wiederzusehen. Alle anderen werden das Weite suchen.

Alexander Musik

im Kino 46

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