Sanssouci: Vorschlag
■ Sex-Performance
Sex ist das Thema der Performance „Sanctus – The Profaned Body“ von Rosa Sánchez und Kònic Thtr, die im Rahmen der „Festa Catalana“ im Podewil gastieren. Wesentlich mehr Männer als Frauen kommen zu der Vorstellung, doch ihnen bleibt das Sanktuarium zunächst vorenthalten. Erst müssen sie der/dem geschlechtsuneindeutigen Bridge Markland intime Fragen beantworten. Die Frauen dagegen dürfen den multimedialen Schrein sofort betreten. Fernsehschirme sind die Rückwand des Altars. Eine barocke Bilderflut wird geboten: von der Direktübertragung aus den Toiletten über Aufnahmen eines Mannes auf dem Gynäkologenstuhl und Versatzstücken aus Pornofilmen bis hin zu Texten über Sexualität. Davor liegt eine ganz in schwarzes Gummi gekleidete Frau. Über Kabel sind zwei spärlich bekleidete „PriesterInnen“ uneindeutigen Geschlechts mit der verpackten Frau verbunden. Sie können die Bewegungen der Liegenden manipulieren. Natürlich öffnet sie dabei irgendwann ihre Beine. Sichtbar wird die die einzige nicht verkleidete Öffnung.
Reizüberflutung ist das Stichwort: Das Zuviel an Porno- und Blutbildern, an schwarzem Latex und weißer Haut, an Krach und Gestöhn mündet in Kitsch und Klischee. Jetzt macht Bridge Markland als androgynes Weibsraubtier die mit einem Hoffentlich-trifft-es-nicht-mich-Gefühl im Raum herumstehenden PeeperInnen an. Auch die zwei „PriesterInnen“, die sich oberemotionslos silbrige Sextoys anschnallen und sich vor den Performance-LiebhaberInnen aufbauen, rammen ihr Ding in die Einöde der Kunst. Den ZuschauerInnen wird zur Entladung erlaubt, per Knopfdruck in die Peepshow der Gummipuppe einzugreifen. Solange die Frauen unter sich sind, passiert gar nichts. Kaum aber sind die Männer im Raum, wird wie wild auf den Knöpfen herumgehackt. Angst vor der Technik hielte die Frauen ab, meinen die Männer – ich meine: die Identifikation mit der manipulierten Frau, die für manche der Männer wörtlich ein „Objekt“ ist.
Spezialisiert auf Fragen übers Intimleben: Bridge Markland, Gast bei der katalanischen Performance Foto: Thomas Aurin
Die Performance bliebe nichts als eine überkandidelte Multimediashow, gäbe es keine heftigen Diskussionen im Anschluß. Rosa Sánchez ist für „eine Renaissance des Geheimnisses“, sie ist dafür, daß anders über Sex geredet wird. Weniger matter-of-fact, weniger Supermarkt. Aber ihre Performance weist auch keinen Weg in diese Richtung. Der Körper der Frau war und ist Objekt. Und der des Mannes – na ja! Waltraud Schwab
„Sanctus – The Profaned Body“ bis 17. 6., 19 und 22 Uhr, Podewil, Klosterstraße 68–70, Mitte.
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