piwik no script img

Happy-End für die Hafenstraße?

Eine endgültige Lösung scheint in Hamburg in Sicht: Eine Genossenschaft soll die bunten Häuser von der Stadt kaufen können / Geheimverhandlungen vor dem Durchbruch  ■ Aus Hamburg Florian Marten

Perfekt ist der Deal über ein staatsfreies Genossenschaftsmodell für die berühmten bunten Häuser an St. Paulis Wasserkante noch nicht. Nach Informationen der taz zeichnet sich dieser Tage jedoch ein Durchbruch in den komplizierten Vielecksverhandlungen zwischen Senat, Investoren, Vermittlern und Hafenstraßenplenum ab: Eine neu zu gründende Genossenschaft soll, voraussichtlich bereits im Herbst, die derzeit noch der städtischen Hafenrand GmbH gehörenden Häuser käuflich erwerben und mit Mitteln aus dem Sondertopf Alternative Baubetreuung (ABB) sanieren.

Dieses neue Lösungsmodell bietet eine raffinierte Mixtur von Vorteilen, die es allen Seiten erlauben könnte, ohne Gesichtsverlust einen inzwischen fast 15jährigen Dauerkonflikt zu einem guten Ende zu führen. Die Häuser bleiben ihren rund 100 BewohnerInnen erhalten. Sie werden preiswert saniert und dauerhaft der Spekulation entzogen. Die Stadtregierung wird im Gegenzug ein Problem los, welches zuletzt die weitere Karriere von SPD-Stadtchef Henning Voscherau ernsthaft bedrohte.

Finanziell kehrt Normalität ein. Die BewohnerInnen müssen sich nach der Sanierung auf deutlich höhere, aber mit 5 Mark pro Quadratmeter immer noch außerordentlich günstige Mieten einstellen. Die Stadt erhält einen Kaufpreis und fördert die Sanierung mit ABB-Mitteln, wie sie es mit einer Vielzahl anderer Genossenschaftsprojekte auch schon getan hat. Eine Garantie, daß diese Form der „Privatisierung“ jene „höchstmögliche Gewähr der Erfüllung aller Erfordernisse der Rechtsstaatlichkeit“ schafft, die der Hamburger Senat in seiner Richtungsentscheidung für eine Privatisierungslösung im Februar formulierte, soll die Zusammensetzung der neuen Genossenschaft bieten. Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow, der für den Senat die Verhandlungen leitet, fahndet derzeit nach einem überschaubaren GenossInnenkreis, der sich aus renommierten Persönlichkeiten und Hafenstraßen-SympathisantInnen zusammensetzen soll, darunter vermutlich Anwalt Hans-Jochen Waitz und Uwe Blöcker, Chef des Verbandes der Norddeutschen Wohnungsunternehmen.

Zunächst hatte Thomas Mirow, der schon 1986 als damaliger Senatssprecher im Auftrage von Bürgermeister Klaus von Dohnanyi die Fäden des Dialogs spann, eine „echte“ Privatisierungslösung angestrebt. Der von ihm ausgeguckte Hans-Jochen Waitz hatte zwar Interesse bekundet, aber immer betont, sich nur an einer von der Hafenstraße akzeptierten Konstruktion beteiligen zu wollen. Die Hafenstraße wiederum hatte bereits im Januar angeboten, die Häuser durch die 1993 von Hafenstraße und engagierten Vermittlern gegründete Genossenschaft St. Pauli Hafenstraße zu übernehmen.

Im Verlauf der Verhandlungen zeigte sich aber schnell, daß nur ein Modell mit echter Bewohnerbeteiligung funktionieren kann. Letzte Hürden für das von Mirow für Anfang Juli angestrebte endgültige Ergebnis bleiben hoch, sind wohl aber überwindbar: Dazu gehören Fragen wie Kaufpreis und Sanierungsbedarf oder die genaue Konstruktion der neuen Genossenschaft. Letztes wirkliches Problem dürfte aber der Widerstand der SPD-Rechten sein: Sie wittern in Mirows Verhandlungsstrategie einen Kotau vor der Hafenstraße.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen