Sanssouci: Vorschlag
■ Vom Punkrock zum Pop, und in Pelz-Hausschuhen gleich doppelt freundlich: The Muffs im Loft
Die kleinen Muffe – war das nicht der Kinderterror? Das Ding, in das man im Winter die Hände steckte und fortan vollkommen bewegungseingeschränkt war? The Muffs, zwei Mädchen und ein Junge, sind das kein bißchen. Ihre Tradition ist Punkrock und ihr Weg Pop, und beides kommt mit großen Gesten. Kim und Melanie, die beiden Frauen, hatten bei den Pandoras gespielt, und Kims Stimme schwingt zwischen den GoGos und einer christlichen Jugendgesangsgruppenleiterin. Noch vor zwei Jahren, als sie eingängig Härteres spielten, waren sie zu viert. Jetzt sind Chris und Ronnie weg, und der Ex-Red-Cross-Trommler spielt mit.
„Blonder and Blonder“ heißt das neue Album der Muffs. Ist dieser Titel jetzt unverfänglich gemeint, als belangloses Zeichen ihrer Haarfarbenvorliebe, oder steckt hinter der Anspielung doch eine Verweigerungsstrategie? So nach dem Motto: Wir sind nicht, was ihr glaubt, daß wir sind? Aber nein, das würde nicht zu den Muffs passen. Denn sie spielen wirklich genau so, wie sie sind. Einst hoffte Gitarristin Melanie, daß ihre Songs die Menschen verrückt machen würden, und Kalifornien glaubte, daß die L.A.-Band den Seattle-Sound vergessen machen würde. Nichts davon ist passiert, und es wird auch nichts davon passieren. Trotzdem wird die Band in Zeiten von Green-Day-Punk-Pop weiter gute Laune verbreiten und einfach da sein. Stücke, die länger als drei Minuten dauern, gibt es kaum. Kim verbreitet die lärmende Durchschlagskraft einer Joan Jett, brüllt zwischendurch fast wie Babes in Toylands Kat Bjelland, um sofort mit softiger Mädchenstimme Balladenhaftes vorzutragen.
Auf Fotos erscheinen The Muffs immer als Spaß-TerroristInnen: Sie treten in weißen Herrenunterwäsche-Anzügen auf, wie sie bei Cowboys kurz vor dem Baden gehen zu sehen sind, und tragen Pelzchen-Hausschuhe. Kim sieht aus wie eine frühe Lydia Lunch, und Melanie trägt einen Chrissie-Hynde-Pony. Und wenn sie dann spielen, kommt zuweilen auch der Garagen-Rock der Pandoras heraus und sagt dem damals zeitgleich in L.A. beheimateten Bangles-Stil guten Tag. Diese Musik ist weder diskurskompatibel noch geschichtsschreibend, aber nett, freundlich, punkig und poppig. Nice day. Annette Weber
Letters to Cleo/The Muffs, heute, 20.30, Loft im Metropol, Nollendorfplatz 5, Schöneberg. Über Fußbekleidungsvorschriften ist bis Redaktionsschluß nichts bekanntgeworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen