piwik no script img

Barrikadenkampf um das Brandenburger Tor

■ Eskalation vor der Reichstagsverhüllung: Verkehrssenator will freie Fahrt durchs Tor, Bausenator kündigt Blockade an

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) droht mit Barrikaden am Brandenburger Tor, wenn Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) die zur Christo-Verhüllung geplante Öffnung für den Autoverkehr nicht unverzüglich stoppt. Um eine weitere Belastung durch den Verkehr zu verhindern, werde die Bauverwaltung „geeignete Maßnahmen“ ergreifen, schrieb Nagel in Briefen an Haase, den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), Kultursenator Ulrich Roloff-Momin, Polizeipräsident Hagen Saberschinsky und die bündnisgrüne Baustadträtin Dorothee Dubrau. Nagel hat in seinem Haus noch gestern eine entsprechende Anordnung erlassen. „Zum Beispiel kann keiner durch das Tor fahren, wenn dort plötzlich eine Baustelle ist“, hieß es in der Verwaltung.

Nagel beruft sich auf die Warnung eines Ingenieurbüros, das den Zustand des Tors seit drei Jahren untersucht. Die Gutachter sollen Ende Mai mitgeteilt haben, weiterführende Analysen zu Schäden durch Erschütterungen seien unbedingt notwendig, zusätzlichen Verkehr dürfe es nicht geben. Das zuständige Bezirksamt Mitte kündigte gestern an, der Bauverwaltung für eine Sperrung eine Sondernutzungsgenehmigung zu erteilen. Tiefbauamtsleiter Peter Lexen sagte: „Bis das Erschütterungsgutachten vorliegt, können wir keinen weiteren Verkehr durchlassen.“

Der Verkehrssenator bereitete gestern die Öffnung unbeeindruckt weiter vor. Weil die zweispurige Clara-Zetkin-Straße unmittelbar am Reichstag mit dessen Verhüllung ab kommenden Montag für zwei Wochen gesperrt wird, will Haase die Autos in Ost-West- Richtung dann auf zwei Spuren durchs Tor rauschen lassen. An den Wochenenden wird das Tor wieder autofrei; auch die Entlastungsstraße wird dann weiträumig gesperrt.

Haases Sprecher Tomas Spahn sprach Nagel die Zuständigkeit für die Durchfahrt ab. Auf der durch das Tor verlaufenden Bundesstraße B 5 habe der Verkehrssenator das letzte Wort. Das Denkmal sei ohnehin weniger durch den Verkehr, sondern mehr durch die Grundwasserabsenkungen und Erschütterungen der benachbarten Baustellen bedroht.

Die Polizei bereitet weiter die Öffnung vor. „Wir mischen uns bei Streitereien im Senat nicht ein“, sagte ein Sprecher. Allerdings könnte mit „wenig Mühe“ kurzfristig auch eine andere Umleitung für den Verkehr gefunden werden.

Unterstützung bekam Nagel von Kultursenator Ulrich Roloff- Momin (SPD-nah). Das Denkmal mit seinem Symbolcharakter müsse gerade während der Reichstagsverhüllung für Touristen zugänglich sein, sagte Momins Sprecher Ingolf Kern. Täglich werden um die 200.000 Besucher erwartet.

Wer das letzte Wort hat, wird sich heute erweisen: Das Thema wurde kurzfristig auf die Tagesordnung der heutigen Senatssitzung gesetzt. Dirk Wildt

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen