Schulden sammeln, sortieren und verwerten

■ BEB spucken Defizit aus: 44,2 Millionen Mark Miese mit Müll

Das lang vermutete Defizit der Bremer Entsorgungs Betriebe hat seit gestern Konturen bekommen. Die drei Geschäftsführer des noch stadteigenen Entsorgungsunternehmens und der zugehörige Staatsrat aus dem Umweltressort, Manfred Morgenstern, haben die vorläufige Bilanz 1994 vorgestellt.

Allein im Abfallbereich hat sich im vergangenen Jahr ein saftiges Minus von 44,2 Millionen Mark angesammelt. Darin enthalten sind Altlasten von 1992 (4,5 Millionen Mark) und 1993 (5,8 Millionen Mark). „Wir haben diese Unterdeckung erst sehr spät bemerkt“, sagt Jochen Leinert, kaufmännischer Geschäftsführer der BEB und bedauert dies sehr. Merkwürdig eigentlich, haben die BEB doch schon 1991 10 Millionen Mark Miese mit dem Abfall gemacht.

Gründe dafür sieht Leinert in dem ständig sinkenden Abfallaufkommen. Es gibt zwar nicht weniger Müll als in den vergangenen Jahren, durch die Abfalltrennung verringert sich jedoch der Müll für die Deponie Blockland und die Müllverbrennungsanlage (MVA). Und nur daran verdienen die BEB.

Die Bilanz weist noch weitere finanzielle Lücken auf. In ihrem jetzigen rechnerischen Zustand ergibt sich ein Gewinn von 36,2 Millionen Mark, von dem 27,5 Millionen an die Stadt Bremen abgeführt werden müssen. Der Gewinn beträgt realiter lediglich 3 Millionen Mark, wie Jochen Leinert zugibt. Die Differenz ergibt sich aus den besonderen Bilanzierungsregeln des stadteigenen Betriebes.

Den Gewinn werden Leinert und Kollegen daher als Kredit aufnehmen müssen. Dadurch und durch die bislang bekannten Verluste von rund 10 Millionen Mark in diesem Jahr summiert sich das neue Defizit bis Ende 1995 auf knapp 90 Millionen Mark. Schon jetzt stehen die BEB mit 403 Millionen Mark bei Banken in der Kreide.

Einen Ausweg sehen Jochen Leinert und Manfred Morgenstern in der Selbständigkeit der BEB. Dadurch könnte das Unternehmen seine Dienste auf dem freien Markt anbieten. Mit Haus- und Gewerbemüll aus den Umlandgemeinden könnten langfristig MVA und Deponie ausgelastet werden. Bislang galten „diese zusätzlichen Erlösquellen“ (Leinert) als politisch nicht durchführbar. Warum sollten die BremerInnen mit weiteren Schadstoffen aus Niedersachsen belastet werden? Das Planungsbüro sei zudem nicht ausgelastet und könnte Aufträge bei Firmen oder anderen Gemeinden akquirieren.

Zur Schuldentilgung will Leinert den Aufsichtsrat außerdem bitten, die Rücklagen anknabbern zu dürfen, eine waghalsige Lösung. Doch Manfred Morgenstern hat noch eine „gute, bereits von der CDU vorgeschlagene Idee“ in der Tonne: Die BEB leeren die Tonnen ab 1996 nur noch alle zwei Wochen. Die BürgerInnen kämen dann mit dem Pauschalarrangement der BEB nicht mehr aus und müßten automatisch Gebühren nachzahlen. Das werden sie in diesem Jahr nämlich nicht tun. Die BremerInnen sortieren ihre Reste vorbildlich, stopfen notfalls alles in die Gelben Säcke und sparen somit Geld, das den Finanzjongleuren der BEB fehlt. ufo