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Deutsche Shell will eine Senkpause einlegen

■ Briten bestehen auf baldiger Versenkung der Ölplattform / Greenpeace-Aktivisten gelangten erneut auf die Brent Spar

Shetlandinseln/Hamburg (taz/rtr) – Der Ölkonzern Shell will die Versenkung der Plattform Brent Spar im Atlantik für eine gewisse Zeit verschieben. Dies sagte jedenfalls der Vorstandschef der Deutschen Shell AG, Peter Duncan, gestern auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Diese Mitteilung geschehe in Absprache mit der Konzernzentrale in Den Haag, so Duncan. An der Versenkung wolle Shell nichtsdestotrotz festhalten. Man wolle aber etwas Zeit gewinnen, um all denjenigen, die Zweifel an der Entscheidung zur Versenkung hegten, die Gründe für den Beschluß nochmals darzulegen.

Der Sprecher der für die Versenkung zuständigen Brent-Spar-Betreiberin Shell Exploration and Production im schottischen Aberdeen, Graham McEwen, wollte davon allerdings nichts wissen. Man fahre fort wie bisher. Gestern abend war gemeldet worden, Shell erkläre sich zu einem Abbruch der Aktion bereit, falls sich die britische Regierung für einen Stopp entscheiden solle. Das zuständige Industrieministerium in London jedoch dementierte dies entschieden.

Gestern vormittag glückte es der Umweltschutzorganisation Greenpeace erneut, auf die Ölplattform Brent Spar zu gelangen. In einer riskanten Operation ließ ein Hubschrauber zwei Aktivisten über dem Helikopterlandeplatz der Brent Spar ab. Ihr Ziel ist weiterhin, die geplante Versenkung der mit 130 Tonnen Giftmüll belasteten Plattform zu verhindern.

Erst im dritten Anlauf war den Umweltschützern diesmal die Landung auf der Brent Spar gelungen. Ein erster Enterversuch mißlang, nachdem der Greenpeace-Hubschrauber mit Hochdruckwasserkanonen vom Shell-Versorgungsschiff „Rembas“ aus beschossen wurde. Greenpeace-Schlauchboote wurden danach ebenfalls aus Wasserkanonen beschossen und vom Versorgungsschiff gerammt. Zwei Besatzungsmitglieder, die dabei ins Meer gespült wurden, befinden sich nun an Bord der „Rembas“ und werden dort nach Auskunft von Greenpeace gegen ihren Willen festgehalten.

Der Hubschrauber drehte nach dem Beschuß mit Wasserkanonen ab, doch bei einem zweiten Versuch gelang es zwei englischen Aktivisten, aus zwei Meter Höhe auf den Hubschrauberlandeplatz zu springen. Sie haben Überlebensmaterial sowie ausreichend Verpflegung bei sich. Das Vorgehen des Ölmultis gegen die erneute Besetzung blieb gestern unklar. Pressesprecher McEwen wollte die erfolgreiche Wiederbesetzung der Plattform noch nicht einmal bestätigen.

Unterdessen haben Unbekannte in Hamburg in der Nacht zu gestern einen Brandanschlag auf eine Shell-Tankstelle verübt. Der Tank explodierte nicht. An den Wänden standen Parolen wie „Shell to Hell“ („Zur Hölle mit Shell“). Bereits am Mittwoch war eine Shell-Tankstelle in der Nähe von Frankfurt am Main beschossen worden. Greenpeace distanzierte sich gestern vehement von gewalttätigen Aktionen.

Auf dem G-7-Gipfel in Halifax ist auch die Brent Spar ein Thema. Finanzminister Theo Waigel sagte, daß die Bundesregierung rechtliche Schritte gegen die Versenkung der Plattform geprüft habe, jedoch keine Möglichkeit dafür sehe. Hans-Jürgen Marter Seite 6

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