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Mit Zwang zur Freiwilligkeit

■ Sozialwissenschaftler kritisieren sinnlose Fortbildung von Berliner Arbeitsamt / Nur der Direktor findet das Angebot toll

„Als ich das Programm gesehen habe, dachte ich: ,An so einem Kurs würde ich auch gerne teilnehmen.‘ Da kann man eine ganze Menge lernen.“ Norbert Grabitz, Direktor des Arbeitsamts IV, ist begeistert von dem Angebot des Instituts für Sozialforschung und Betriebspädagogik (ISB). Ganz besonders angetan haben es ihm zwei Kurse mit den Bezeichnungen „Berufsfeldtraining“ und „Feststellungsmaßnahme“, die für langzeitarbeitslose Sozialwissenschaftler angeboten werden. Nur leider steht der Direktor mit seiner Begeisterung ziemlich allein da.

Die betroffenen Arbeitslosen sind stocksauer darüber, daß sie zur Teilnahme verdonnert wurden. „Wir fühlen uns durch den Kursinhalt nicht für voll genommen. Motivationstraining, Selbstsicherheit, Selbstbehauptung – dadurch werden uns keine neuen Fachkenntnisse vermittelt“, beschwert sich einer der Absolventen der zweimonatigen Feststellungsmaßnahme. Für den Arbeitsamtsdirektor ist das kein Hinweis auf eine verfehlte Teilnehmerauswahl. „Diese Personen können durch ihr Wissen den Kurs aktiv mitgestalten“, meint Grabitz.

Neben den Kursinhalten kritisieren die Teilnehmer auch die Vorgehensweise des Arbeitsvermittlers. „Selbsterfahrungs- und Reflexionsgruppen machen nur dann Sinn, wenn sie freiwillig besucht werden“, lautet der Standpunkt der SozialwissenschaftlerInnen. Statt dessen sei ihnen auf einer Informationsveranstaltung vom Fachvermittlungsdienst mitgeteilt worden, daß das Arbeitslosengeld gesperrt werde, wenn sie den Kurs nicht besuchten.

„Mit dem Angebot sollen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden“, rechtfertigt Grabitz den Zwang zur Teilnahme. Der Träger der Fortbildungsmaßnahme sieht das allerdings anders. „Die freiwillige Teilnahme war für uns eine entscheidende Voraussetzung, als wir das Kursangebot gemacht haben“, erklärt Georg Röring vom ISB. „Uns wurde vom Arbeitsamt zu verstehen gegeben, daß es genügend Interessenten gebe.“ Unter den gegebenen Voraussetzungen seien die Kurse in der ursprünglichen Form nicht durchführbar, stellt der ISB-Mitarbeiter fest.

Und noch ein Punkt war dem Bildungsträger wichtig: Durch die Kurse sollte die individuelle Berufsplanung der Teilnehmer nicht behindert werden. Das scheint nicht gelungen zu sein: „Weder selbstorganisierte Arbeitsplätze, die einzelne in Aussicht hatten, noch Anmeldungen für andere Fortbildungsmaßnahmen wurden berücksichtigt“, kritisieren die Teilnehmer. Statt dessen zahlt das Arbeitsamt an das ISB rund 170.000 Mark für die unerwünschte Fortbildung. Ein stolzer Preis für ein Angebot, das nur einer gerne nutzen würde. Gesa Schulz

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