: Auf dem beschwerlichen Weg nach Peking
■ Deutsches Frauentreffen im Vorfeld der 4. Weltfrauenkonferenz
Bonn (taz) – „Der Vatikan hat die Funktelefone, wir nicht!“ rief Ines Holthaus von „terre des homme“, und vor dem inneren Auge ihrer gut 80 Zuhörerinnen, die sich in Bonn zu einem dreitägigen Vorbereitungstreffen zur Weltfrauenkonferenz eingefunden hatten, mochte kurz eine bemerkenswerte Vision aufblitzen: lauter schwarzberockte Herren auf den Fluren des Pekinger Tagungszentrums, die dem Unfehlbaren per Handy davon berichten, daß die Internationale Weltgemeinschaft nicht mehr vom Recht der Frauen auf selbstbestimmte Sexualität und Lebensformen, sondern endlich wieder von der natürlichen Bestimmung der Frau spricht.
Wenn sich die offiziellen Regierungsdelegationen vom 4. bis 15. September zur 4. UNO-Frauenkonferenz in Peking treffen, wird es ihre Aufgabe sein, einen Aktionsplan über die Verbessung der Lage der Frauen in der Welt zu verabschieden. Zwar hat das Dokument keinerlei rechtlich bindende Wirkung und zwingt keine Regierung in ihrem Land frauendiskriminierende Gesetze und Praktiken zu beenden. Dennoch wird es ein als internationaler Minimalkonsens für die Rechte der Frauen gelten.
Heftige Klagen gab es in Bonn von den Vertreterinnen der Frauengruppen und anderen Institutionen, die zum Forum der regierungsunabhängigen Organisationen (NGO-Forum) vom 30. August bis 8. September nach Peking reisen, über die Informationspolitik des Frauenministeriums in Bonn, das die Federführung bei der offiziellen deutschen Delegation innehat. Da die Europäische Union bei den Verhandlungen in Peking mit einer Stimme sprechen wird, verweist Bonn bislang stets darauf, daß seine Position noch mit den EU-Partnern abgestimmt werden muß. Noch ist nicht bekannt, wie die deutsche Delegation zusammengesetzt sein wird. Erst auf Antrag der Opposition hat sich die Regierung bereit erklärt, am 29. Juni eine aktuelle Fragestunde zur Bonner Position beim Frauengipfel abzuhalten. Daß die deutschen NGO-Frauen nach Peking fahren, steht nicht mehr außer Frage. Bei der Bonner Vorbereitungstagung war keine Rede mehr von einem Boykott als Antwort auf die Verlegung des Tagungsortes für das NGO-Forum in einen abgelegenen Vorort von Peking. Dort ist nach bisherigen Informationen eine sehr mangelhafte Infrastruktur zu erwarten. Es fehlen Hotels, Versammlungsräume und Telefonleitungen; die chinesische Regierung hat zugesagt, dies bereitzustellen. Offen ist aber noch, wie die Gruppen reagieren werden, wenn die tibetischen und taiwanesischen Frauenorganisationen, deren Teilnahme die Chinesen bislang nicht akzeptiert haben, tatsächlich ausgeschlossen bleiben. Bis Mitte Juni will die UNO über ihre Teilnahme entscheiden. Jutta Lietsch
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