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Mit Stromstößen gequält

■ Chinesischer Dissident über die Haft

Peking (dpa/taz) – Der chinesische Dissident Liu Gang fordert die kommunistischen Machthaber heraus. Kaum zehn Stunden auf freiem Fuß, wirft der 33jährige seinen Gefängnisaufsehern schwere Mißhandlungen vor, verstößt gegen Auflagen für seine Entlassung und beteuert, weiter für die Demokratie arbeiten zu wollen. In einem Telefoninterview von seinem Heimatort in Liaoyuan in der Provinz Jilin (Nordostchina) sagt der Physikstudent: „Als ich im Gefängnis war, gab die Polizei mir den Rat, mich der wissenschaftlichen Forschung zu widmen und mich nicht um politische Dinge zu kümmern. Je stärker sie mich drängten, nicht wieder politisch aktiv zu werden, umso mehr wollte ich es.“

Eigentlich darf Liu, der wegen seiner führende Rolle in der Demokratiebewegung 1989 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden war, keine Interviews geben. „Mir ist es nicht erlaubt, Kontakt zu feindlichen Elementen aufzunehmen.“ Dennoch wiederholt er schwere Vorwürfe von Mißhandlungen im Lingyuan-Gefängnis in der Provinz Liaoning, das „schlimmer als ein Konzentrationslager“ sei. Die zwei Jahre zwischen 1991 und 1993 seien am schlimmsten gewesen. Häufig sei er mit dem elektrischen Schlagstock mißhandelt worden. „Es war normal, daß ich bewußtlos wurde.“ Neun Monate lang sei er gezwungen worden, jeden Tag von fünf Uhr früh bis abends neun Uhr auf einem Holzbrett zu sitzen. Nur für die Mahlzeiten morgens und mittags habe es zehn Minuten Pause gegeben, abends eine halbe Stunde für das Abendessen. „Nach zwei Tagen waren meine Beine geschwollen und am dritten Tag konnte ich es einfach nicht mehr aushalten.“ Noch heute habe er Probleme mit den Fersen, was ihm Schwierigkeiten beim Gehen bereite, sagt Liu Gang.

Seit seiner Freilassung wird er überall von Polizisten in Zivil und Uniform begleitet. Zwei Jahre darf er seinen Heimatort nicht verlassen. „Mein Standpunkt und meine Ideen haben sich wenig verändert“, sagt Liu, der sich für Demokratisierung durch Wahlen einsetzt.

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