: Bisamratten im Bayou
■ Die pelzigen Nutria-Nager fressen sich bei New Orleans durch die Landschaft
Im südlichen Louisiana, in der Bayou-Region der Küste am Golf von Mexico, ist das Pelztier Nutria zur Landplage geworden. Aus dem Fell der Nager nähen Kürschner Mäntel. Hunderttausende der emsigen, den Bisamratten ähnlichen Tiere gefährden das Marschland. Denn die Nutrias vermehren sich besorgniserregend und zerstören Bäume, Büsche und Wasserröhricht – ohne dieses schützende Environment sind die Brutgründe vieler Fisch- und Krebsarten gefährdet. Ohne stabile Küsten würde auch das Meer immer mehr Land verschlucken.
Deshalb fordern selbst Umweltschützer jetzt einen gnadenlosen Kampf gegen die Schädlinge, die im Mississippi-Delta jährlich 52 Quadratkilometer Uferland vernichten. Die Nutrias, die bis zu zehn Pfund schwer werden, sind besonders im Landkreis Jefferson, vor den Toren von New Orleans, zur Plage geworden. In dieser Region leben rund 450.000 Menschen. Durch die Wohnröhren der Nutrias in Böschungen am Wasser könnten auch 450 Kilometer Kanäle und Drainagesysteme zerstört werden – viele Gemeinden müßten im Wasser versinken.
Wie könnte man dieser Landplage Herr werden? Harry Lee, der Sheriff des Landkreises, will die ihm unterstellte Feuerkraft einsetzen und mit seinen Beamten, unter ihnen Scharfschützen zur Bekämpfung von Terroristen, auf Jagd gehen. Der Beruf des Trappers soll wieder zu Ehren kommen, so ein anderer Plan, um den Nutrias viele Fallen zu stellen. Auch von Gift- und Gaseinsatz ist gesprochen worden, ohne daß die Verantwortlichen bisher zu einer Entscheidung kamen. Denn Tierschützer finden jede Methode abscheulich. Das bringt die Landkreisverwaltung allmählich in Harnisch. Deren Sprecherin Peggy Poche verkündete: „Die Viecher müssen getötet werden. Basta. Die kosten den Landkreis jährlich sechs Millionen Dollar an Uferreparaturen.“
Nutrias sind für den US-Bundesstaat Louisiana keineswegs heimische Tiere. Ein Unglücksfall ließ sie erst 1937 zu „Einwanderern“ werden: Der Apotheker E. A. McIlhenny, der auch die scharfe Pfeffersoße Tabasco erfand, hatte aus Südamerika mehrere Nutrias eingeführt. Er züchtete sie ihres Pelzes wegen. Während eines Hurrikans wurde der Privatzoo von McIlhenny zerstört, die Nager gewannen ihre Freiheit – der sie sich bestens erfreuten. Die Bayou- Landschaft war für sie geradezu ein Paradies. Mit ihren messerscharfen, bis zu sieben Zentimeter langen Schneidezähnen können sie sich jeglichen Angreifers erwehren. Nur die größten Alligatoren werden ihrer Herr. Die Echsen sind aber eh keine ausgemachten Nutria-Jäger, weil sie lieber im freien Wasser auf Beute gehen, als kleinen Pelztieren am Ufer aufzulauern.
Die Verwaltung des Jefferson- Landkreises will bis Ende Juni entscheiden, mit welchen Waffen der geplante und als sicher geltende Anti-Nutria-Feldzug geführt werden soll. Wolfgang Will
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