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■ Press-SchlagEin Deutschland, ein Fußball!

„Helmut. Du kannst das nicht machen.“

„Warum denn nicht?“

Helmut, glaub mir. Das geht nicht.“

„Ich will aber!“

Dieser Disput spielte sich letzten Mittwoch im Bundeskanzleramt ab. Helmut Kohl beharrte auf dem neuen Schlachtruf der CDU „Auf geht's, Bayern. Auf geht's!“ Sein treuer Intimus Schäuble versuchte, das Schlimmste zu verhindern. Worum geht es?

Helmut Kohl ist es leid. Trotz intensivster Schwarzer- Tee-und-trocken-Semmeln- Therapie stöhnen die Verkäufer bei C & A jedes Jahr aufs neue: Es muß die nächsthöhere Übergrößen-Hosennummer her. Irgendwie lassen sich zwar die Wählerinnen und Wähler immer wieder aufs neue belabern, ihn zu wählen, aber niemand liebt ihn. Das soll nun anders werden.

Beim letzten Treffen der Europäischen Kommission kam ihm die zündende Idee. Silvio Berlusconi, der Strahlemann aus Italien, gab den entscheidenden Tip. Okkulte Geheimloge, Korruption, Rechtslastigkeit – alles egal. Berlusconi ist der Mann in Italien. Adrett durchgestylte Topanzüge, junge Frau, blendend weißes Zähnelachen, braungebrannter Körper, aber vor allem: Die Leute lieben ihn. Warum? Ganz einfach: Man muß einen Fußballverein haben. Berlusconi hat sich den AC Mailand gekauft. Und so zwei, drei Fernsehstationen dürfen es nebenbei auch noch sein.

Sat.1 ist zwar Kohls Haussender, aber Deutschlands erfolgreichster Fußballverein, der FC Bayern München, ziert sich noch. Hoeneß: „Ich bin zwar auch schwarz wie Helmuts Kohlenkeller. Aber den FC Bayern geb' ich nicht her. Bestenfalls kann er meine Wurstfabrik kriegen.“ Und Verwaltungsratsmitglied Edmund Stoiber, nebenher lenkt er noch den Freistaat Bayern in die Plutonium-Zukunft: „Ehe der Dicke den Verein bekommt, krieg' ich ihn.“

Ursprünglich wollte Kohl den Verein der Ball- und Rasenfreunde Oggersheim für die CDU kaufen. Berti Vogts mußte auf der Eröffnungsfeier der Fußball-WM in Amerika lange auf Kohl einreden, um zu verdeutlichen, was der 17. Platz in der dritten Unterregionalliga image- und fußballmäßig bedeutet. „Aha“, kam es Kohl, „dann ist es ja besser, wenn ich den FC Bayern kaufe.“

Loddar Maddäus soll Außenminister werden („Also reden kann ich ja irgendwie. Warum nicht Politiker werden?“). Uli Hoeneß wird als Staatssekretär im Kanzleramt gehandelt; alternativ wurde ihm die exklusive Belieferung der Bundestagskantine mit Wurstwaren angeboten. Und Bayerns Vereinsarzt Dr. Müller-Wohlfahrt hat schon mal probegesessen im Bundesgesundheitsministersessel.

Dann wäre alles eins. Ein Deutschland. Ein Staat. Ein Fußball. Und bei der nächsten Weltmeisterschaft wird's dann eine Welt. Kurt Nane Jürgensen

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