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Konzern zum Rückzug gezwungen: Brent Spar wird an Land verschrottet / Major beleidigt

Berlin (taz) – Das Krisenmanagement beim drittgrößten Konzern der Welt lief gestern auf Hochtouren. Dienstag nacht hatten die Schlepper der Brent Spar kurz vor Erreichen des geplanten Orts der Sprengung umgedreht und Kurs zurück in die Nordsee genommen. Shell hatte dem Druck von Greenpeace und Boykotteuren nachgegeben. Nun sucht die Firma nach einem Ort, wo das 137 Meter hohe Monstrum verschrottet werden kann.

Der niederländische Wirtschaftsminister Hans Wijers sagte: „An der britischen Küste ist ein Parken der Plattform nicht möglich, weil sie zu seicht ist.“ Norwegens Energieminister Jens Stoltenberg bot einen „ruhigen norwegischen Fjord“ als Zwischenlösung an. Dann habe der Konzern genügend Zeit, um mit Regierungshilfe nach einem Ort zur Entsorgung zu suchen. Shell hat schon eine Genehmigung zum Transport in einen Fjord beantragt.

Greenpeace brachte auch deutsche Werften für das Abwracken ins Gespräch. Nach Ansicht von Fachleuten ist dafür jedoch ein ruhiges Seegebiet mit einer großen Wassertiefe nötig. Schließlich hat die Plattform einen Tiefgang von 103 Metern. Vor der deutschen Nordseeküste seien aber höchstens 25 bis 28 Meter Wasser über Grund, sagte Werner Schöttelndreyer, der Geschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg. Die Plattform auf See mit Hilfe von Schweißbrennern abzutragen und dann an Land zu bringen sei „ganz biedere Abbrucharbeit“, so Schöttelndreyer. – Die Brent Spar nicht zu sprengen war die Notbremse für die internationalen Shell-Tochterfirmen. Nach den Millionenverlusten in Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien lief der Boykott auch in Belgien, Spanien und Österreich an. „Uns fiel ein Stein vom Herzen, zentnerschwer“, seufzte gestern Roswita Fastner, Pächterin einer Shell-Tankstelle in Essen. „Jetzt tanken die Leute wieder normal, Gott sei Dank“, sagte sie.

Die Entscheidung von Shell wurde denn auch von fast allen Ländern begrüßt. Nur der britische Handelsminister Michael Heseltine kritisierte den Ölkonzern. Shell habe unter dem Druck der internationalen Proteste klein beigegeben. „Sie hätten die Nerven behalten sollen“, so Heseltine. Premierminister John Major war mit der plötzlichen Kehrtwendung des Multis brüskiert. Major habe sich in der ganzen Zeit der Proteste vorbildlich verhalten und hinter dem Konzern gestanden, fügte der Minister hinzu. Ob Großbritannien die Genehmigung für eine Entsorgung an Land überhaupt erteilen will, blieb gestern noch offen.

Umweltministerin Merkel kündigte unterdessen eine Initiative für einen strengeren Schutz des Meeres auf EU-Ebene an. Schon bisher sei eine Versenkung im Meer nur ausnahmsweise möglich. Großbritannien habe diese Bestimmung „offenbar anders ausgelegt“. H. Neckelmann/

H.-J. Marter Seiten 3 und 10

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