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Verbesserungen für Tiere und Bauern

EU-Agrarminister einigen sich über Tiertransporte und Währungsausgleich / Transportdauer bei Schlachtvieh auf acht Stunden begrenzt / In Deutschland schärfere Sonderregelung  ■ Von Alois Berger

Brüssel (taz) – Drei Tage und zwei Nächte feilschten die Landwirtschaftsminister der Europäischen Union. Gestern morgen um acht, als der Hahn längst heiser war, einigten sie sich auf Kompromisse bei der Begrenzung von Schlachtviehtransporten und beim Währungsausgleich für die deutschen Bauern.

Um den Fernsehzuschauern künftig die Bilder von der elenden Tierquälerei auf Viehtransportern zu ersparen, wurde die Transportdauer im Prinzip auf acht Stunden beschränkt. Darauf haben vor allem Bonn und London gedrängt. Italien und Spanien, die um die Auslastung der Schlachthöfe im Süden ihrer Länder fürchten, setzten allerdings einige Ausnahmen durch.

Zum einen darf nach einer 24stündigen Pause, in der die Tiere entladen, getränkt und gefüttert werden müssen, wieder weitergefahren werden. Zum anderen müssen sich Viehhändler mit komfortabler ausgestatteten Lastwagen, die den Tieren ausreichend Platz und die ständige Versorgung mit Wasser bieten, nicht an die Acht- Stunden-Grenze halten. Sie dürfen, je nach Art und Alter der Tiere, bis zu 24 Stunden durchbrettern. EU-Agrarkommissar Fischler lobte den „echten Fortschritt im Interesse der Tiere, der Konsumenten und der Bauern“.

Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert kündigte an, daß er für Deutschland eine strengere Regelung einführen werde. Danach soll die Beschränkung auf acht Stunden für alle Tiertransporte ohne Ausnahme gelten. Nationale Alleingänge, in der EU ansonsten als unfein verpönt, wurden von den Agrarministern in diesem Fall ausdrücklich genehmigt. Schlachtvieh wird deshalb künftig wohl über Frankreich nach Italien gekarrt und nicht mehr über Deutschland.

Beim zweiten umstrittenen Thema, dem Währungsausgleich für deutsche Landwirte, setzte Borchert eine der teuersten denkbaren Lösungen durch. Weil Agrarpreise und Sonderprämien, etwa für Flächenstillegung, EU- weit in Ecu berechnet werden, verlieren deutsche Bauern nach jeder Aufwertung der D-Mark an Einkommen. Vor Jahren wurde deshalb der grüne Ecu eingeführt, der nach jeder D-Mark-Aufwertung mit angehoben wurde und sich immer weiter vom gemeinen Ecu entfernte. Das System hatte den Nachteil, daß die deutschen Bauern zwar keine Verluste hatten, die Preise und Prämien in Portugal oder Irland aber jedesmal drastisch anstiegen. Um die deutschen Bauern zufriedenzustellen, mußte Brüssel also den anderen Landwirten der EU immer mehr bezahlen.

Weil die EU-Agrarpolitik ohnehin finanziell längst aus dem Ruder gelaufen ist, wollte die Europäische Kommission jetzt nicht mehr mitspielen und verlangte, daß Bonn die Währungsverluste für die deutschen Bauern aus der eigenen Kasse bezahlt. Nach der jetzt beschlossenen neuen Regelung wird der grüne Ecu für die deutschen Bauern nach der letzten D-Mark- Aufwertung – und nach allen künftigen – nur noch um die Hälfte angehoben. Sie bekommen dadurch etwas niedrigere Preise als bisher, aber immerhin mehr, als ihnen der Markt zugestehen würde.

Bei den Prämien für Flächenstillegungen und Einkommensverluste durch die letzte Agrarreform erhalten sie sogar den vollen Ausgleich, der allerdings zur Hälfte aus Bonn und zur Hälfte aus Brüssel aufgebracht wird. Künftig werden diese Prämien in D-Mark festgeschrieben, was bedeutet, daß Brüssel und Bonn nach jeder Aufwertung mehr Geld herausrücken müssen. Jedes Prozent kostet derzeit rund 175 Millionen Mark.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission, die für die Verwaltung der Agrarpolitik zuständig ist, bekommen die Bauern dadurch mehr, als ihnen zusteht. Bei der Berechnung der Verluste der Bauern vor drei Jahren war man davon ausgegangen, daß die Preise von Agrarprodukten durch die Kürzung der Garantiepreise deutlich fallen würden. Deshalb wurden Ausgleichsprämien festgelegt, die den Bauern direkt gezahlt werden. Doch die Preise sind heute höher als damals gedacht. EU-Kommissar Fischler meinte, daß den Bauern daher die währungsbedingten Einbußen zuzumuten seien.

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