Bei Major gescheitert, bei Chirac erfolgreich?

■ Kohl soll gegen französische Atomwaffentests intervenieren

Bonn (dpa) – Bundeskanzler Helmut Kohl soll sich bei der bevorstehenden Gipfelkonferenz der Europäischen Union in Cannes für einen Stopp der angekündigten französischen Atomwaffentests in der Südsee einsetzen. Das hat die SPD-Fraktion gestern in einem Entschließungsantrag gefordert, den sie in die Bundestagsdebatte über die Regierungserklärung zum Eu-Gipfel einbrachte.

Die von Frankreichs Präsident Jacques Chirac angekündigte Wiederaufnahme der Kernwaffentests auf dem Moruroa-Atoll gefährdeten die Gesundheit der Menschen und die Umwelt, heißt es in dem Entschließungsantrag. Die europapolitische Sprecherin der Fraktion, Heidemarie Wieczorek-Zeul, und der Abgeordnete Eberhard Brecht erklärten, Kohl müsse am kommenden Montag und Dienstag beim EU-Gipfel an der Côte d'Azur einen französischen Verzicht der Tests durchsetzen. Nach Überzeugung der beiden Politiker gefährdeten diese die weltweiten Verhandlungen für ein vollständiges Verbot der Atomwaffenversuche und das angestrebte generelle Verbot der Weiterverbreitung dieser Vernichtungswaffen.

In seiner Regierungserklärung widmete sich Außenminister Klaus Kinkel weniger dem Kampf gegen die Atomtests als vielmehr dem grenzüberschreitenden Kampf gegen die Kriminalität und gegen die Arbeitslosigkeit. Hingegen stieß die Wiederaufnahme der französischen Atomtests auf starke Kritik der parlamentarischen Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU). Über einen Antrag, in dem Chirac aufgefordert werden sollte, die Genehmigung für die acht geplanten Versuche noch einmal zu überdenken, konnte gestern aber mangels Beschlußfähigkeit nicht abgestimmt werden.

Parlamentarier auch aus Deutschland argumentierten unter anderem, daß die Bemühungen um einen generellen Verzicht auf Atomversuche gefährdet würden und die Tests „Nachahmung“ finden könnten. Staaten, die versuchten, an Atomwaffen zu gelangen, könnten durch das Vorgehen Frankreichs ermuntert werden. Auch schade dies der europäischen Politik, die Nichtweiterverbreitung von nuklearen Waffen zu fördern.

Inzwischen erwägt Australien Maßnahmen gegen Frankreich. Dies erklärte der australische Außenminister Gareth Evans gestern vor dem Senat. Er kündigte an, das Südpazifische Forum, dem neben Australien 14 weitere Staaten angehören, werde in der Angelegenheit aktiv werden. Der australische Premierminister Paul Keating hatte bereits am Montag angekündigt, die Pazifikstaaten prüften die Verhängung zusätzlicher Vergeltungsmaßnahmen gegen Frankreich. Die Einstellung der militärischen Zusammenarbeit lehnt Keating allerdings ab.