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Deutsche sind gleichberechtigte Tschechen

■ Tschechisches Verfassungsgericht erkennt Eigentumsrechte an Besitz an, der nach 1948 beschlagnahmt wurde / Keine Revision des Benes-Dekretes

Prag/Brünn (dpa) – Das tschechische Verfassungsgericht in Brünn (Brno) hat gestern die Forderung eines tschechischen Staatsbürgers deutscher Nationalität nach Rückgabe seines im Jahre 1949 vom Staat beschlagnahmten Elternhauses als berechtigt anerkannt.

Damit sorgte die höchste juristische Instanz des Landes für die rechtliche Gleichstellung der in Tschechien lebenden deutschen Minderheit im Rahmen des geltenden Restitutionsgesetzes. Diese Regelung ermöglicht die Rückgabe von nach dem 25. Februar 1948, dem Tag der kommunistischen Machtübernahme in der damaligen Tschechoslowakei, verstaatlichtem Privatbesitz. Die Entscheidung ist lediglich für die in Tschechien verbliebenen Deutschen von Interesse. Sie hat keinerlei rechtliche Bedeutung für die nach 1945 aus der damaligen Tschechoslowakei vertriebenen über drei Millionen Sudetendeutschen.

Das Verfassungsgericht hob zudem am Donnerstag das Urteil des Kreisgerichts in Aussig (Usti nad Labem) auf, das den Antrag des Klägers Rudolf Dreithaler auf Rückerstattung des Gebäudes und des dazugehörenden Grundstückes unter Verweis auf ein noch immer gültiges Enteignungsdekret für Deutsche aus dem Jahre 1945 abgelehnt hatte.

Wie der Vorsitzende des Senats, Pavel Varvarovsky, erklärte, verstieß das Kreisgericht gegen die in der tschechischen Verfassung verankerten Bürgerrechte Dreithalers. Bei der erneuten Verhandlung des Falls, zu der das Aussiger Gericht verpflichtet ist, sei es an den Urteilsspruch des Verfassungsgerichts gebunden.

Das Verfassungsgericht hatte bereits im März eine weitere Klage Dreithalers nach Aufhebung der eigentlichen rechtlichen Grundlage der Enteignung der Deutschen, des Benes-Dekrets aus dem Jahre 1945 über die Konfiskation feindlichen Vermögens, abgelehnt. Seine Entscheidung hatte das Gericht unter anderem mit der kollektiven Verantwortung der Sudetendeutschen für die Zerschlagung der damaligen Tschechoslowakei durch Hitler-Deutschland begründet. Der Urteilsspruch war in Deutschland von zahlreichen Politikern scharf kritisiert worden.

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