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„Dagobert“ vor Bundesrichter

■ Die Anklage will härtere Strafe für den verurteilten Bombenbastler / Anwalt: U-Haft macht Dagobert depressiv

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat jetzt den Bundesgerichtshof angerufen, um eine höhere Bestrafung des Kaufhauserpressers Arno Funke zu erreichen. Über drei Monate nach der Verurteilung Funkes, der mit unzähligen Tricks die Polizei über zwei Jahre zum Narren gehalten hatte, hat nach Angaben von Justizsprecher Rüdiger Reiff die Anklage jetzt die Revisionsbegründung fertiggestellt.

Mit dem Rechtsmittel werde die Höhe der Verurteilung Funkes zu sieben Jahren und neun Monaten angegriffen, hieß es. Auch Funkes Anwalt Wolfgang Ziegler will nun die Bundesrichter in Karlsruhe anrufen.

Das Landgericht hatte „Dagobert“ an seinem 45. Geburtstag – am 10. März 1995 – für sechs Bombenanschläge sowie die Erpressung des Kaufhauses KaDeWe und des Karstadt-Konzerns verurteilt. Funke hatte sich damals in seinem letzten Wort für die Taten entschuldigt. Das Landgericht hatte betont, daß Funke trotz des Rummels in den Medien wie jeder andere Straftäter bestraft werden sollte.

Laut Reiff muß die Einlegung der Revision noch von der vorgesetzten Behörde der Staatsanwaltschaft beim Landgericht bestätigt werden. Dies ist in Berlin die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht. Dem Vernehmen nach geht es in der Revision darum, daß das Gericht verschiedene Taten Dagoberts zusammengefaßt hat. Dies hatte eine Minderung des Strafmaßes zur Folge.

Anwalt Ziegler zweifelte den Sinn des Rechtsmittels an. Funke muß nun noch länger in Untersuchungshaft bleiben, da die Verurteilung nicht rechtskräftig ist. Dies sei wegen seiner depressiven Stimmung problematisch. In der Untersuchungshaft muß ein Häftling in der Regel mit 23 Stunden Einschluß in seiner Zelle leben.

In dem Urteil wurde Dagobert verminderte Schuldfähigkeit infolge einer Hirnschädigung attestiert. Während des Verfahrens war Funke an einem Zwölffingerdarmgeschwür erkrankt. Es wurde deshalb im Februar teilweise nur wenige Minuten gegen ihn verhandelt. dpa

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