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Geist aus der Dose

■ BremerInnen kaufen immer weniger Mehrwegflaschen / Umweltverbände fordern normierte Mehrwegverpackungen und Transportsysteme

Bei den BelagerInnen der Sielwallkreuzung sind sie so beliebt wie bei Fußballfans und FreizeitaktivistInnen: Getränkedosen. Das Bier in den Aluminium oder Weißblech-Dosen schmeckt zwar längst nicht so gut wie aus der Flasche. Dennoch: „Der Verbrauch an Getränkedosen ist sprunghaft angestiegen“, sagte am Dienstag Peter Führing, Sprecher der Brauerei Beck, auf einer Fachtagung des Bundesverbands Umweltberatung zum Thema Mehrweg. Beck verkaufe fünf Prozent Bier in Dosen, aber nur weil es Premium-Qualität herstelle. Dosenbier haftet ein billiger Nachgeschmack an.

Die ReferentInnen aus Industrie, Handel und Umweltverbänden waren ratlos. Führing glaubt immerhin, daß VerbraucherInnen aus Bequemlichkeit zur Dose greifen. Sie wiegt kaum etwas, ist leicht zu öffnen und läßt sich problemlos in die Umgebung pfeffern. Von MarktforscherInnen weiß Führing, daß VerbraucherInnen Alu-Dosen nicht als umweltfeindlich einstufen. Ein Sieg der Aluminium-Industrie, die mit Millionenbeträgen für ihren umweltgefährdenden Stoff wirbt.

Billig ist Dosenbier außerdem. Schon für 29 Pfennig sei eine kleine Dose Bier einer „Billigbrauerei“ zu bekommen. Führing wundert sich daher nicht, daß gerade in den von Arbeitslosigkeit gebeutelten Neuen Bundesländern der Dosenanteil extrem hoch ist. Genauso wie in Bremen, das seit Jahren nicht den durch die Verpackungsverordnung festgesetzten Mehrweganteil von 72 Prozent erreicht. Gerade mal 68 Prozent der Getränke werden in wiederbenutzbaren Flaschen gekauft. Die BremerInnen stillen ihren Bierdurst zu rund 35 Prozent durch die Dosenöffnung. Bayern hingegen trinken 92 Prozent des Biers aus Flaschen. Überhaupt kaufen Süddeutsche mehr Getränke und Lebensmittel in Mehrwegflaschen, vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sparen VerbraucherInnen besonders viel Verpackungsmüll.

Den ökologischen Sinn und Unsinn von Mehrwegflaschen hat in den vergangenen vier Jahren das Umweltbundesamt (UBA) untersucht. Die Ökobilanzen der gängigen Glasflaschen, Dosen und Kartons von Milch und Bier wiesen rund 200 verschiedene Emissionsquellen auf, die nicht miteinander vergleichbar waren. Stefan Schmitz, Leiter des Projekts beim UBA, brach die Kriterien daher immer weiter runter, bis er die Ökobilanz vorsichtig werten konnte: „Die Mehrzahl der untersuchten Fälle führt im Endergebnis zu ökologischen Vorteilen auf Seiten der jeweiligen Mehrwegsysteme“. Dabei sei Bier in Mehrwegflaschen ökologisch noch sinnvoller als Milch. „Der Einwegschlauchbeutel aus Polyethylen wird gegenüber der Milch-Mehrwegflasche als ökologisch gleichwertig beurteilt“.

Diese Erkenntnis schreckt Friedrich Diepold von der Molkerei Bremerland nicht. Knapp 32 Prozent der Milch setzt die Genossenschaft in Mehrwegflaschen ab. Das sei zwar nicht die billigste Lösung, aber die von VerbraucherInnen gewünschte. Im „Milch-Mehrweg-Pool“ hat sich Bremerland mit anderen deutschen Molkereien zusammengetan. Sie benutzen die gleichen Flaschen, Gläser und Kästen. Dadurch kann die bayerische Molkerei Weihenstephan ihre Produkte in Bremen verkaufen, Nestlé flächendeckend Joghurt absetzen und Bremerland auch in Stuttgart Waren anbieten. Der ökologische Wahnsinn der langen Transportwege wird zumindest gemildert: Die leeren Flaschen müssen nicht zum Hersteller zurückgekarrt werden, können überall gewaschen und gefüllt werden.

Für diese Lösung kämpft seit Jahren Gudrun Pinn von der Initiative „Das bessere Müllkonzept Berlin“. Sie und ihre MitstreiterInnen für umweltfreundliche Mehrwegverpackungen haben ein ausgeklügeltes System entwickelt: Lebensmittel, Kosmetika, Getränke und Waschmittel können in den gleichen Behältern aus Glas oder Kunststoff abgefüllt werden. „Warum soll nicht auch Babynahrung in normierten Mehrwegflaschen angeboten werden“, sagt Pinn. In ganz Deutschland wären die Gläser und Flaschen zu gebrauchen, in variablen und kompatiblen Kunststoffkästen auf dem Transport verpackt: Heute für Fischkonserven, morgen für Spülmittelflaschen. Als erste Umweltinitiative hat „das bessere Müllkonzept“ die DIN-Zulassung für diese intelligente Verpackungsalternative beantragt.

Einige mittelständische Brauereien probieren dieses System bereits erfolgreich aus. Für die Großbrauerei Beck kommt das ökologisch sinnvolle Konzept nicht in Frage. Das Bier sei in den luftigen Kästen nicht gegen Sonneneinstrahlung gesichert, meint Führing. „Wer sein Bier schon mal drei Tage in der Sonne stehen hatte, weiß, daß es dann nicht mehr so gut schmeckt.“

ufo

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