: Ich bin Künstler, kein Sozialarbeiter!
■ betr.: „Multikulti ohne Auslän der“, taz vom 20. 6. 95
1. Ich bin Künstler und kein Sozialarbeiter! Mein Nachbau eines melanesischen Einbaumbootes findet nicht mit einer festen Projektgruppe statt, sondern ist offen – ein Angebot. Von einer Zielgruppenorientierung war nie die Rede. Der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen ergab sich auf natürlichem Wege durch die Zusammenarbeit mit dem Rahnsdorfer Jugendzentrum „Mansarde“.
2. „Ausländer bleiben außen vor“? Das offene Angebot galt auch hier! Noch vor Beginn des Projektes bat ich die Mitarbeiterin der Köpenicker Ausländerbeauftragten, Frau Walter, um Unterstützung. Sie ließ mein Exposé ins Russische und Serbokroatische übersetzen und, versehen mit dem Angebot zur Beteiligung, in allen Aussiedler- und Asylbewerberheimen des Bezirkes aushängen. Wenn sich daraufhin niemand meldete, ist das zu respektieren. „Ausländer“ ist für mich kein Gattungsbegriff, an dem ich deutsche Identitätsprobleme abzuarbeiten hätte. Es sind immer konkrete Menschen, mit denen ich es zu tun habe, und wenn sie konkret kein Interesse haben, ist das in Ordnung.
3. „Kichernde Mädchen sind unerwünscht.“ Dieser Satz wurde von Frau Schildt aus einer Aufzählung extrahiert. Es ging um die Bedingungen fürs Mitmachen. Und diese Bedingungen ergeben sich aus dem Umgang mit scharfen Werkzeugen, den ich zu verantworten habe. Dabei sind coole Jungs ebenso „unerwünscht“ wie kichernde Mädchen. „Cool“ und „kichernd“ sind hier von Bedeutung, nicht Junge oder Mädchen. Ein von mir ausgesprochener Ausschluß von Mädchen ist reine Dichtung. Daß zwei Frauen sehr intensiv an dem Boot mitgearbeitet haben, war für Frau Schildt offenbar weniger von Belang. Ihr Eifer ließ sie so auch übersehen, daß im Garten der „Mansarde“ gerade die Mädchensportgruppe ihre Selbstverteidigungsübungen machte, mit einem „Ausländerinnenanteil“ von fast 50 Prozent.
Schade eigentlich! Bernd Finkenwirth
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen