■ Zum Ergebnis des amerikanisch-japanischen Handelsstreits: Lauter Gewinner
US-Präsident Bill Clinton und der japanische Handelsminister Ryotaro Hashimoto präsentierten sich beide als Gewinner. Wie zwei Kinder hatten sich Hashimoto und sein US-Gegenspieler, Mickey Kantor, zuvor gegenüber gesessen: Wer zuerst blinzelt, hat verloren. Aber hat nun nicht doch einer geblinzelt?
Die Freude in den USA über das Abkommen ist groß. Clinton hat sich endlich mal wieder als starker Politiker gezeigt. Wählerstimmen aus der Autostadt Detroit sind ihm sicher, und um die war es ihm ja in erster Linie gegangen. Insofern ein Erfolg für Clinton. Aber wirtschaftlich haben die USA keineswegs erreicht, was sie wollten, vor allem keine feste Zielgröße, wie viele Autos und Autoteile Japan den US- Herstellern insgesamt abkauft. Die bloßen Versprechen der einzelnen japanischen Autofirmen werden hinterher verdammt schwer einzufordern sein.
Die wahren Gewinner sie die japanischen Autofirmen. Sie hatten ohnehin längst vor, ihre Produktion noch stärker ins Ausland, vor allem in die USA zu verlegen, um so den negativen Auswirkungen des allzu teuren Yens zu entgehen. Mit ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung, für ihre US-Fabriken jetzt mehr amerikanische Teile zu verwenden, können sie sich zu Hause als aufopferungsvolle Vertreter nationaler Interessen präsentieren.
Vorteile ziehen aus dieser Einigung alle. In den USA entstehen Arbeitsplätze in japanischen Fabriken; die Japaner lösen ihre Exportprobleme, indem sie vor Ort produzieren. Und auch dem Umweltschutz ist gedient, denn sinnvoll ist der Austausch von gleichen Produkten – Autos gegen Autos, Autoteile gegen Autoteile – quer über den Globus nicht.
Den US-Unterhändlern blieb ohnehin nichts anderes übrig, als einzulenken. Die lautstarken Verfechter des freien Welthandels hatten sich zunehmend international isoliert mit ihrem erpresserischen Versuch, bilateral Vorteile herauszuschinden. Und das in einer Situation, in der Japan ohnehin bereits seine Märkte öffnete und zudem noch durch den Yen-Höhenflug Exportnachteile hinnehmen muß.
Doch Freude über die Einigung ist nicht angebracht. Besser wäre gewesen, der Fall wäre tatsächlich vor die Welthandelsorganisation (WTO) gekommen. Dort wäre das Vorgehen der USA zweifellos verurteilt worden. Unabhängig davon, wie man den wachsenden Welthandel ökonomisch und ökologischen bewertet, wird es Zeit, daß endlich mal jemand der Regierung in Washington sagt, daß sie nicht einerseits von allen Ländern der Welt offene Märkte verlangen und andererseits mit Druck und Erpressung eigene Handelsvorteile durchdrücken kann. Nicola Liebert
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