: Mit neun zum Altar
■ Richter in Guyana will Heiratsalter von zwölf auf neun Jahre herabsetzen
Georgetown (IPS) – Man müsse den Realitäten nun einmal ins Auge sehen: Kinder seien heute bereits mit neun oder zehn Jahren sexuell aktiv, und das Gesetz müsse solchen gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen. Der Vorschlag des Richters Paul Fung-a-Fat, das Ehemündigkeitsalter in Guyana von zwölf auf neun Jahre herabzusetzen, hat in der Karibik zu heftigen Protesten geführt.
„Der Mann ist verrückt, ein neunjähriges Kind ist fast noch ein Baby“, empörte sich die zweifache Mutter Sonia Brown aus Jamaika. Mädchen in diesem Alter seien nicht in der Lage, derartig wichtige Entscheidungen zu fällen. Ein solcher Vorschlag, und noch dazu aus dem Mund eines Juristen, das sei einfach nicht zu fassen, meinte auch ein Beamter aus Trinidad.
„Wie kann man, gerade wo Kindesmißbrauch in der Karibik ein beängstigendes Ausmaß anzunehmen droht, eine Senkung des Ehemündigkeitsalters auch nur in Erwägung ziehen“, fragte sich Mike McCormack, der Vizepräsident der guyanischen Menschenrechtsorganisation GHRA. 44 Fälle von Kindesmißbrauch und sexuellen Übergriffen auf Minderjährige wurden in Trinidad 1993 offiziell gezählt. Nach Angaben des „Rape Crisis Centre“ sind im letzten Jahr 40 inzestuöse Übergriffe registriert worden. Doch die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen.
In Jamaika sind 1993 laut „Child Guidance Clinics“ 404 Fälle von Kindesmißbrauch bekanntgeworden. Die Opfer waren 320 Mädchen und 84 Jungen. Ihr Durchschnittsalter belief sich auf acht respektive fünf Jahre. Pressemeldungen zufolge häufen sich in der Region in letzter Zeit aber auch sexuelle Übergriffe auf gerade mal einjährige Kinder.
„Einige wenige Kinder mögen im Alter von neun Jahren bereits körperlich entwickelt sein, ihr Gefühlsleben aber ist es gewiß nicht“, sagte Monica Honess von der jamaikanischen „Child Abuse Education Unit“. Daher halte sie selbst ein Ehemündigkeitsalter von 16 Jahren für zu niedrig. Die Grenze sollte bei 18 Jahren liegen.
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