: Architektur soll kein Ladenhüter sein
■ Deutsches Architektur Zentrum eröffnet / Planung "made in Germany" soll präsentiert werden / Der Stadt täte ein offenes Forum besser, an dem über die zeitgenössische Architektur gestritten werden kann
Architekten geht es in Berlin derzeit besonders gut. Aufträge purzeln in die Büros wie schon lange nicht mehr. Und die Stars unter ihnen werden von Bundestagsabgeordneten sowie Senatsbaudirektoren hofiert – man trifft sich in der Paris Bar, heißt es. Am Wochenende wurde ein zusätzlicher Baustein für ihre Nobilitierung gelegt. Das erste Deutsche Architektur Zentrum (DAZ) wurde am Wochenende im Bezirk Mitte (Köpenicker Straße) eröffnet. Als Innovationszentrum sowie Begegnungs- und Fortbildungsstätte soll das neue Haus, so die Eigenwerbung, „Schaufenster für Architektur und Planung made in Germany“ sein; ein „Verkaufs- und Zentrum schöner Bilder“ meinen dagegen Kritiker, die ein Debattierforum besser fänden.
Die Initiative zur Schaffung des DAZ ging vom Bund Deutscher Architekten in Bonn aus. Den Vorsitz des Kuratoriums führt Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU). Töpfer wies bei der Eröffnung darauf hin, daß „Bauleistungen als Exportartikel außerordentlich wichtig“ seien. So seien etwa die Sanierungsmethoden im Plattenbau als Exportschlager in die östlichen Länder gegangen.
Auch für Bundeswirtschaftminister Günter Rexrodt (FDP) ist das Architekturzentrum weniger ein Experimentier- und Planungsort als vielmehr ein Renommierprojekt: Die Metropole Berlin, so der FDPler, sei ein „Mekka“ der Architekten aus aller Welt geworden. Die Planer fänden hier „Anschauungsmaterial“ bei der Gestaltung ganzer Stadtteile. Dabei seien Ästhetik, Kreativität und Qualifikation gefragt, um Bausünden der 70er Jahre zu vermeiden. Altbausanierung und Modernisierung der Innenstädte in den neuen Bundesländern würden Herausforderungen für die Architekten schaffen, neue Technologien erfordern.
Selbst der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) outete sich als Baufan: Es bestehe für Architekten in Berlin die einzigartige Situation, daß die wichtigsten Plätze entweder Brachland oder Baustellen oder gar nicht vorhanden seien. Potsdamer Platz, Pariser Platz, Gendarmenmarkt, Spittelmarkt – das seien „alles Chiffren für die unerhörte Sehnsucht nach einem neuen Stadtgesicht, für die Chancen eines neuen Stadtbildes“. Dies berge für Stadtplaner und Architekten „ungeahnte Möglichkeiten“.
Das DAZ bietet auf einer Ausstellungsfläche von 1.100 Quadratmetern der Wirtschaft und den Bauverbänden die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren und Fachpublikum zu beraten. Das Veranstaltungsprogramm reicht von Ausstellungen über Seminare, Symposien und internationale Kongresse bis zur Aus- und Weiterbildung. Besonderes Augenmerk legen die Initiatoren auf Beziehungen und Informationstransfer mit den Reformstaaten. Arbeitsbeginn ist am kommenden Montag mit dem Europäischen Städtebaukongreß. Rolf Lautenschläger/ADN
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