: Wieder rassistischer Überfall in Portugal
■ Serie ausländerfeindlicher Gewalttaten / Genereller Anstieg der Kriminalität
Lissabon (AFP) – Die Serie ausländerfeindlicher Gewalttaten hat in Portugal offenbar einen weiteren Menschen das Leben gekostet. Wie die Polizei mitteilte, wurde ein dunkelhäutiger Jugendlicher in der Nacht zum Sonntag in der Nähe des Touristenortes Sintra, 30 Kilometer von der Hauptstadt Lissabon entfernt, schwer verletzt aufgefunden. Der 19jährige von den Kapverdischen Inseln wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, wo er seinen Verletzungen erlag. Von den Tätern fehlte zunächst jede Spur. Experten vermuteten aber, daß die Tat zu der Serie rassistischer Überfälle und Auseinandersetzungen gehört, zu denen es in den vergangenen Wochen in Portugal gekommen ist. Dabei wurde am 12. Juni ein 27jähriger Schwarzer von Skinheads in Lissabon getötet.
Der ebenfalls von den Kapverdischen Inseln stammende 27jährige war von einer Gruppe Skinheads überfallen worden und seinen schweren Verletzungen im Krankenhaus erlegen. Neun der Angreifer, darunter zwei Frauen, wurden festgenommen. Seither kam es in Portugal wiederholt zu Ausschreitungen zwischen schwarzen und weißen Jugendlichen, bei denen mehrere Menschen verletzt wurden. Experten machen nicht nur Rassismus, sondern auch das Drogengeschäft für die steigende Gewalt verantwortlich. Rivalisierende Banden kämpften um den blühenden Markt in Lissabon.
Die ausländerfeindlichen Angriffe fallen zusammen mit einem generellen Anstieg der Gewalt. Ein Großteil der Bevölkerung fühlt sich nicht mehr sicher und fordert die Einrichtung von Bürgermilizen. Experimente mit Bürgerwehren gibt es schon im Norden des Landes. Die Regierung hat auf die Besorgnis der Bevölkerung mit einer Verstärkung der Polizeikräfte in Lissabon reagiert.
Nach einem Bericht der Polizei gab es 1994 einen Anstieg der Kriminalität in ganz Portugal um 13,7 Prozent. Die Jugendkriminalität in der Region Lissabon stieg um 46 Prozent. Gleichzeitig nehmen die Demonstrationen gegen Gewalt und Rassismus in Portugal zu. Nach einem Bericht der Organisation SOS-Rassismus sind in den vergangenen sechs Jahren bei ausländerfeindlichen Attacken acht Menschen ums Leben gekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen