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Ostseefahrt mit Folgen

■ Fünf BerlinerInnen auf Halbinsel Darß von fünfzehn Rechten verprügelt

Fünf BerlinerInnen wollten sich am Wochenende in Prerow auf der Ostsee-Halbinsel Darß die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Doch ihr Kurztrip an die Küste nahm ein jähes Ende. Samstag gegen Mitternacht, die zwei Frauen und drei Männer saßen am Lagerfeuer, bekamen sie unerwarteten Besuch. Ein junger Mann machte „blöde Sprüche“, erinnert sich der 31jährige Martin. Als sein Freund Ralf sagte, „Rechte sind hier nicht erwünscht“, zog der Mann mit dem Ruf „Skinhead“ davon. Wenig später kam er mit etwa fünfzehn Jungs mit Bomberjacken und Springerstiefeln zurück. „Da waren auch Glatzen dabei“, so Martin weiter zur taz. Sie trampelten das Feuer nieder, zerrten die zwei Schlafenden aus dem Schlafsack und schlugen auf die fünf BerlinerInnen ein. Martin wurde mehrfach mit Stiefeln ins Gesicht getreten. Er trug eine lange Rißwunde an der Unterlippe, eine Gehirnerschütterung, Rippenprellungen und Hautabschürfungen davon. Ralf wurde gezwungen, niederzuknien und sich zu entschuldigen. Er liegt mit gebrochenem Kieferbruch im Krankenhaus. Die anderen, so Martin weiter, „sind mit leichten Blessuren noch harmlos davongekommen“. Martin glaubt, daß die rechte Horde nach der Disco „auf Stunk“ aus war.

Die BerlinerInnen erstatteten bei der Polizei, die nach anderthalb Stunden eintraf, Anzeige gegen Unbekannt. Am Sonntag morgen erkannten sie einen aus der Gruppe an einem Eisstand wieder und benachrichtigten die Polizei, die dessen Personalien aufnahm. Polizeihauptmeister Kirstein versicherte gegenüber der taz, daß „der Sachverhalt ordnungsgemäß abgearbeitet“ wird. Kirstein klagte, daß „bei jeglichen Vorkommnissen Rechte in den Vordergrund“ geschoben würden.

Vor zwei Jahren mußten Schüler einer Kreuzberger Schule ihre Klassenfahrt nach Kühlungsborn nahe Rostock bereits kurz nach der Ankunft abbrechen. Ein türkischer Mitschüler war von Jugendlichen als „Kanacke“ beschimpft und durch den Ort gejagt worden. Später hatten acht Jugendliche in Bomberjacken, Springerstiefeln und zum Teil mit Messern bewaffnet die Schüler terrorisiert. Barbara Bollwahn

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