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Recycling für DDR-Erfindungen

■ In Sachsen-Anhalt arbeitet ein ABM-Team erloschene Patente für neue Nutzung auf

Genthin (taz) – Wer nicht erfindet, verschwindet“, ist ein grundlegender Tip des Münchner Patentanwalts Heiko Barske gerade für Klein- und Mittelständler. „Wer nicht patentiert, verliert.“ Gerade die Mangelwirtschaft der DDR war für deren Tüftler eine ständige Herausforderung. 130.000 Patente wurden zu deutsch-demokratischen Zeiten von ostdeutschen Erfindern angemeldet. Das war billig, die Anmeldung kostete nur Pfennige, die Aufrechterhaltung gar nichts.

Mit dem Tag der Einheit verloren aber gerade ostdeutsche Erfinder. Nämlich die Lust, die Schutzrechte auf ihre Patente aufrechtzuerhalten. Am 3. Oktober 1990 kam auch das bundesdeutsche Patentrecht mit seinen mehrere hundert Mark betragenden Jahresgebühren über die ostdeutschen Tüftler. Die meisten von ihnen konnten oder wollten diese Gebühren nicht aufbringen, die Schutzrechte erloschen. Von den einst 130.000 Patenten werden heute nur noch rund 30.000 aufrechterhalten.

Die übrigen werden seit Dezember von einem hochqualifizierten ABM-Team der Qualifizierungs- und Strukturförderungsgesellschaft Genthin durchforstet. „Da stecken noch viele Technologie- und Produktideen drin, die man auch heute noch erfolgreich wirtschaftlich nutzen kann“, sagt der Initiator des Projekts, Dieter Muth.

Not macht erfinderisch, weiß schon der Volksmund, aber viele Ideen, die zu DDR-Zeiten zum Patent angemeldet wurden, sind heute eher dem Kuriositätenkabinett zuzuordnen. „Ideen zum Beispiel, mit denen das Gefrieren von Braunkohle bei Wintertransporten verhindert werden sollte“, weiß Projektmitarbeiter Dieter Behrens. Bei den oftmals Tage dauernden Transporten mit der Bahn gefror die Braunkohle zu einer steinharten Masse und mußte in mehr oder weniger freiwilligen Arbeitseinsätzen durch Studenten, Soldaten der Nationalen Volksarmee oder ganze Betriebsbelegschaften per Hand entladen werden.

Ideen, die Braunkohle mit heißer Asche abzudecken oder in einem Glycerinbett zu transportieren, legt Behrens heute gleich auf die Seite. Die ostdeutsche Braunkohle wird heute in der Nähe ihrer Erzeugung verfeuert, die langen Transportwege gibt es nicht mehr.

Die Erfindung eines mikrobiellen Verfahrens, mit dem man auch aus minderwertigen Erzen Metalle gewinnen kann, könnte aber im rohstoffarmen Gesamtdeutschland auch heute noch verwertbar sein. Sie fand deshalb Eingang in die erste Veröffentlichung der QSG, die in diesen Tagen vorgestellt wurde. Das Heft enthält erloschene Patente aus den Bereichen Maschinenbau, Chemie, Bau, Bergbau, Landwirtschaft, Physik und Elektrotechnik. Jede/r kanndiese technischen Kenntnisse nutzen, ohne Gebühren dafür zu entrichten.

51 vorher arbeitslose Fachkräfte aus Wissenschaft und Technik durchforsten die Archive des Deutschen Patentamtes auf erloschene Patente, vergessene Erfindungen. Seit Dezember haben sie 3.000 Patente aufgearbeitet, bis Jahresende sollen es 7.000 sein. Demnächst sollen die von den Wissenschaftlern für verwertbar erachteten DDR-Erfindungen auch auf elektronischen Datenträgern veröffentlicht werden – damit interessierte Unternehmen eher anbeißen. Wenn bis dahin nicht zu viele Mitarbeiter bei ihrer Arbeit eine zündende Idee hatten und sich mit einer Produktidee selbständig machen.

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