Wortanteil 100 Prozent

■ Zur Funkausstellung starten SFB und ORB das gemeinsame InfoRadio

Wann hat es das das letzte Mal gegeben? Einen Rundfunksender, der will, daß seine Hörer nach 20 Minuten wieder abschalten oder wegzappen. Dann nämlich, wenn nach zwanzig Minuten alles wieder von vorn beginnt, mit neuen Nachrichten. Pünktlich zur Funkausstellung Ende August will InfoRadio, Gemeinschaftsprojekt von SFB und ORB, starten – der Probebetrieb läuft bereits. In den Lücken, die das starre 20-Minuten-Schema läßt, soll noch Platz sein für Hintergründe und Recherchen („knallhart aktuell“). Keine Musik, keine Jingles. Wortanteil: 100 Prozent.

„Der Markt provoziert so ein Programm.“ Der SFB-Hörfunkchef Jens Wendlandt gibt sich nachfragebewußt. Dennoch erhoffen sich beide Veranstalter von InfoRadio wohl weder Massenzuspruch noch den großen Reibach, wird doch InfoRadio eher Gelder verschlingen und nur 10 Minuten Werbung pro Tag senden: „Wir lassen uns die Sache richtig was kosten“, sagt ORB-Hörfunkchef Gerhard Hirschfeld. Siebeneinhalb Millionen hat man in den Studiopavillon am SFB und in die volldigitalisierte Sendetechnik investiert; 10 Millionen wird man pro Jahr ausgeben. Die teilen sich SFB und ORB im Verhältnis 60:40.

Nachdem der (schwarze) SFB die Kooperation mit dem (roten) ORB vor gut einem Jahr noch gescheut und ein Inforadio zusammen mit dem (tiefschwarzen) MDR angekündigt hatte, präsentieren ORB und SFB jetzt ein Herz und eine Seele – schließlich haben ja auch beider Rundfunkräte im Prinzip schon beschlossen, daß die beiden Sender fusionieren sollen.

Sind daran eher der Druck der Politik und der absehbare Mangel an Gebührengeldern für zwei Sender in der Region schuld, so redet man im Fall von InfoRadio von „entschiedener Hingabe“ beider an das gemeinsame Projekt.

Berlin-Brandenburg werde „eine der interessantesten Regionen Europas“. Wenn zudem erst die Regierungsbürokratie kommt, soll das Gefühl, informiert zu sein, eine erstklassige Ware werden.

Der letzte, allerdings private Versuch dieser Art Nachrichtenradio war gescheitert: Nach nur 16 Monaten hatte das InfoRadio 101 vor zwei Jahren aufgeben müssen, als trotz Hörererfolgen die Werbeeinnahmen ausblieben. Lutz Meier