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Sonniger Jazz von Katholiken

■ Die australische Band „The catholics“ eröffnete die Konzertreihe „Jazz und mehr“ im Schlachthof

Es war genau die passende Musik zum Wetter: Der Bandleader und Bassist Lloyd Swanton bedankte sich sogar beim Publikum für die „australische Hitze“, und das Septett „The catholics“ spielten dann auch Jazz für kühle Drinks und kurze Hosen. So vielfältig und abenteuerlich die Stilmischungen der Band auch waren – immer blieb ein tropisches Flair vorherrschend, denn die Rhythmen pulsierten tiefschwarz. Selbst wenn ein Stück mal mit einem brachialen Freejazzsolo des Posaunisten James Greening begann, so löste es sich nach einigen Takten in Reggae-Wohlgefallen auf und der Sound der Pedal-Steel-Guitar von Michael Rose würzte die musikalische Mischung ständig mit einer Prise verlockender Süße aus Hawaii.

Auch die Atmosphäre unter den sieben MusikerInnen auf der Bühne hatte eine südliche Leichtigkeit und Wärme. Da spielte sich keiner in den Vordergrund, kein Solo geriet zu einer angeberischen Zurschaustellung der Technik, und das Ensemblespiel war offensichtlich wichtiger als virtuose Großleistungen. So wirkte es um so verblüffender, wenn einzelne Musiker dann doch kurz aufblitzen ließen, wie brilliant sie spielen konnten. Dave Brewer schien etwa für den größten Teil des Konzerts mit der Rolle des reinen Rhythmusgitarirsten zufrieden zu sein. Mit Raggae-Riffs oder den typisch hohen Läufen der afrikanischen Popmusik wob er mit an den schön fetten Grooves. Aber dann, plötzlich, wußte er in einer Souljazzballade das Publikum mit einem wunderschönen lyrischen Solo zu begeistern. Auch Saxophonistin Sandy Evans, Schlagzeuger Toby Hall und Perkussionist Sammila Sithole hatten Freiräume für solche Tupfer, die die Musik überraschend und frisch klingen ließen.

Und dann gab es die vielen verschiedenen Facetten zu bewundern. Die Band vermischte Calypso, Rockjazz, Samba, Countrymusik und einen schläfrig dahinswingenden Shuffle zu abenteuerlichen und manchmal hochironischen Collagen. Der akustische Baß von Lloyd Swanton klang da manchmal genau wie ein afrikanisches Daumenklavier und die Steel-Guitar konnte auch jaulen wie ein getretener Hund. Eigentlich war dies Jazz zum Tanzen, und im Publikum hörte man auch oft ein lautes rhythmisches Klatschen auf schweißnasse Schenkel, aber selbst nach der Aufforderung von der Bühne (“We like that“) blieben die meisten ZuhörerInnen in Bremen lieber faul auf ihren Plätzen sitzen. Für mehr war es nun wirklich zu heiß.

Der Schlachthof begann mit diesem Konzert die neue Veranstaltungsreihe „Jazz und mehr“,anläßlich der demnächst auch die „Kölner Saxophon Mafia“ zusammen mit dem Schauspieler Otto Sander zu erleben sein wird. Dieser Abend war ein durchweg gelungener Einstand und läßt das beste hoffen.

Wilfried Hippen

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