Bremerhaven-Sozis heben ab nach Genua

■ Richard Skribelka: „Wir haben so viel Geld, wir können nochmal fahren“

Richard Skribelka strahlte. „Ja, ich habe ein gutes Gewissen“, versicherte der Bremerhavener SPD-Fraktionsvorsitzende wenige Minuten bevor er gestern Mittag mit zehn anderen Genossen am Schalter 19 für den Flug LH 191 von Bremen nach Frankfurt eincheckte. Von dort aus ging für ihn, Fritz Grote, Rolf Brümmer, Karin Freudenthal, Martin Glöde, Karin Holschen, Lothar Koring, Karin Lohmeyer, Günter Reuter und Dieter Tiedemann die Reise weiter nach Genua.

Dort wollen sich die Stadtverordneten drei Tage lang auf Kosten der Steuerzahler die italienische Variante des Ocean-Parks angucken, und zwar obwohl sie nicht mehr über den Bau der Anlage zu bestimmen haben (vgl. taz 6.7.).

Die Welle der Empörung, die ihnen in den letzten Tagen von allen Seiten entgegen geschlagen ist, kann die scheidenden Mandatsträger nicht abhalten. „Wir tun nur unsere palarmentarische Pflicht“, antwortet Skribelka gelassen. Außerdem „war es ja ein einstimmiger Beschluß der Fraktion“, gibt er zu bedenken.

Ganz richtig ist das nicht. Es war nur ein einstimmiger Beschluß der reiselustigen Genossen: Am 6. Juni hatten sich 13 Sozialdemokraten die Reise genehmigt. Der linke Restflügel saß zu der Zeit in einer „lange vorher angesetzten“ Wahlkampfsitzung. Zwei der 13 Genossen sind nicht mitgefahren: Stadtverordnetenvorsteher Alfons Tallert ist zur Zeit im Urlaub, Hans-Hermann Strapko hatte sich angemeldet. Er soll keinen Urlaub bekommen haben. Für die Reise in die italienische Hafenstadt hat sich Skribelka schick in Schale geschmissen: gelb-kariertes Sakko, grüne Hose, blaues Hemd, blaue Reisetasche. Rot sind nur die kleinen Tupfen auf dem Schlips. Ein Omen vielleicht, denn er soll das SPD-Parteibuch abgeben.

Schon vor der geplanten Genua-Reise ist gegen ihn ein Parteiordnungsverfahren angestrengt worden, weil er sich seit Jahren nicht an parteiinterne Beschlüsse gehalten hat. „Ich habe anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen. Wenn man soviel sozialdemokratisches Blut eingesogen hat wie ich, gibt man das Parteibuch nicht so leicht wieder her“, sagt Skribelka.

Auch den anderen Sozis will Unterbezirks-Vorsitzender Uwe Beckmeyer das Parteibuch wegnehmen – wegen der Genua-Reise. „Das gab es vielleicht in der DDR, daß man aus der Partei geschmissen werden konnte, hier nicht“, ist sich Dieter Tiedemann sicher. „Die Reise ist wichtig. Der Ocean-Park ist für Bremerhaven wegen der Arbeitslosigkeit nämlich wichtig.“

Auch Egon Arnold fürchtet sich nicht: „Beckmeyer kann sich nicht so einfach da reinmischen“, empört sich er sich und rückt seine Schirmmütze zurecht, die ihn vermutlich vor der Sonne Genuas schützen soll. Die Kritik an der Reise versteht er nicht: „Das ist ganz wichtig. Sauer sind nur die anderen Sozialdemokraten, die nicht mitfahren. Aber die denken nicht mehr rot, sondern grün und deshalb werden sie auch bald schwarz sehen“, glaubt er.

„Das kann nicht Recht sein, das mit dem Parteiausschuß“, kritisiert auch Martin Glöde. „Die Reise ist dringend notwendig. Das hat uns gestern auch der Landesrechnungshof bestätigt“, beteuert er eifrig nickend. Den Beweis bleibt er schuldig: „Ich habe das Schreiben dabei. Aber es ist im Koffer.“

„Das Schreiben war eine Warnung“, sagt hingegen Herbert Elias, Stellvertreter des Präsidenten des Landesrechnungshofes. Er könne im Moment nicht abschätzen, ob die Reise gerechtfertigt ist. Dazu müsse die nächste Sondersitzung abgewartet werden. „Wir wissen, daß wir auf eigenes Risiko fahren“, erklärt Skribelka. „Ich bin aber ziemlich sicher, daß es jetzt noch Entscheidungen zu treffen gibt. Aber was die Reise wirklich bringt, wissen wir auch erst hinterher.“

Vorher soll er sich aus der Fraktionskasse einen dicken Scheck bekommen haben: Um die 15.000 Mark, heißt es. Hinzu kämen etwa 7.000 Mark, die Skribelka im Mai für eine Reise nach Saßnitz aus der Kasse bekommen hat und die übrig geblieben sind. Zurückgezahlt hat er das Geld noch nicht. „Wir haben so viel Geld, weil wir keinen Geschäftsführer haben“, erklärt er. Die Kasse sei auch nach Genua-Reise nicht geleert, versichert der SPD-Chef. „Wir haben soviel Geld, wir können sogar nochmal fahren. Kerstin Schneider