: French Connection mit Yellow Cake
■ Australien, gestern Zentrum der Anti-Atomproteste, verkauft kräftig Uran – unter anderem nach Frankreich
Sydney (taz) – Bauxit, Gold, Steinkohle und Braunkohle – der rote Boden des fünften Kontinents birgt zahlreiche Schätze. Auch Uran. Und obwohl gegenwärtig nur ein Bruchteil der australischen Uranvorräte ausgebeutet wird, macht das bereits ein Zehntel des Welturanhandels aus. Einer der größten Kunden Australiens ist das gegenwärtig von der Regierung in Canberra heftig wegen seiner Atombombentests kritisierte Frankreich, das im vergangenen Jahr 280 Tonnen Uran in Australien kaufte.
Gleich nach Japan (1.400 Tonnen) und Südkorea (450 Tonnen) steht Frankreich damit an dritter Stelle der australischen Kunden. Wie alle anderen muß es sich verpflichten, das Uran nicht über 20 Prozent anzureichern und nur zur Energiegewinnung zu benutzen. Hinter dieser vertraglichen Klausel haben sich bisher alle australischen Regierungen versteckt, wenn ihre Urangeschäfte in den Zusammenhang mit Atombomben gerieten – auch wenn Kontrollmöglichkeiten für die australische Regierung in den Verkaufsverträgen nicht vorgesehen sind. Ein Ende der Lieferungen – etwa um die französischen Atomtests zu verhindern – lehnt die australische Regierung ab. Das sei vertragswidrig, heißt es aus Canberra.
Tatsächlich ist australisches Uran in Frankreich bereits zur Waffenfähigkeit angereichert worden. Das jedenfalls beschrieb 1988 ein ausgeschiedener Mitarbeiter der deutschen Nukem.
Ursprünglich stammt der australische „Yellow Cake“, wie das Uran wegen seiner gelblichen Färbung genannt wird, aus drei Minen, „Ranger“ und „Naberlek“ im Northern Territory und „Olympic Dam“ in Südaustralien. „Ranger“, die größte von ihnen, liegt 250 Kilometer von der Stadt Darwin entfernt, im vielbesuchten (und in „Crocodile Dundee“ verfilmten) Naturschutzgebiet „Kakadu-National-Park“. Die UNO hat den Park wegen seiner tropischen Vegetation und der bis zu sieben Meter langen Krokodile auf ihre „World Heritage List“ gesetzt.
In „Ranger“, aber auch in den anderen Minen liegt das Uran so dicht an der Erdoberfläche, daß es im Tagebau abgebaut werden kann. Doch auch das hinterläßt tiefe Wunden im Stammesgebiet der Gagadju, deren Chiefs lange gegen den Uranabbau eingestellt waren. Auch die anderen australischen Uranvorkommen liegen auf Stammesland. Heute leben mehrere Aboriginesgruppen von den Gewinnausschüttungen des Uranbergbaus, der ihr traditionelles Land zerstört.
Der Widerstand von Aborigines, gepaart mit den Protesten von Umwelt- und Friedensbewegung haben bisher stets verhindert, daß der Uranabbau ausgeweitet wurde. Bekannt sind in Australien bislang 37 potentielle Uranminen. Einst war auch die Labour Party heftig gegen das Geschäft mit dem Uran. Der jetzige Premierminister Paul Keating erklärte Ende der 70er Jahre auf einer Demonstration in Sydney „verbindlich“, daß seine Partei das gesamte Urangeschäft einstellen würde. Einmal an der Regierung, wollte die Labour Party nach 1983 davon nichts mehr wissen. Seither gilt die „Drei-Minen-Politik“ – statt den Uran-Abbau auszudehnen, behielt die Labour-Party die bestehenden Verträge bei – und verlängerte sie.
Während innenpolitisch der Uranabbau für Zündstoff sorgte, kamen beinahe unbemerkt neue Komplikationen ins Land. Die staatseigene französische Atomfirma Cogema (Compagnie Générale des Matières Nucléaires), die über 80 Prozent des französischen Atomkomplexes kontrolliert und weltweit eines der größten Unternehmen der Branche ist, kaufte sich in Australien ein. Inzwischen hält sie Anteile an acht nicht ausgebeuteten Uranminen des Landes. Teils erwarb sie diese Anteile über ihre Beteiligung an der „Energy Ressources of Australia“ (ERA), teils auf eigenen Namen.
Solange die „Drei-Minen-Politik“ der Labour-Regierung gilt, hält sich die Cogema in Wartestellung. Sie sorgt dafür, daß ihre eigenen Minen, für die es gegenwärtig keine Betriebsgenehmigung gibt, in Schuß sind, und unterstützt die einheimische Atomlobby in deren Bemühen, die Opposition an die Macht zu bringen. Sollte das bei den Wahlen im nächsten Jahr klappen – und sollten die australischen Konservativen dann trotz des wachsenden öffentlichen Drucks immer noch für eine Aufhebung der Restriktionen in Abbau, Verarbeitung und Export des Urans eintreten – wird eines Tages die französische Cogema australisches Uran nach Frankreich liefern. Dorothea Hahn
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