: Für fünf Mark Offenbarungseid am Bahnschalter
■ Die Bahn AG verkauft ihre Bahncard wieder ohne Fragen nach dem Einkommen. Aber für ihren Kreditkarten-Zusatz spendiert die Citibank das Passfoto ...
Frankfurt/Main (dpa/taz) – Ganzeitige Werbeanzeigen war der Bahn AG die Sache gestern schon wert. Die Bahncard ist wieder pur zu haben. Auch eine Einkommenssteuererklärung ist nicht mehr erforderlich. Darauf haben sich Bahn AG und der Visakartenvertreiber Citibank geeinigt. Sie wollen das gemeinsame Sonderangebot einer Rabattkarte für Vielfahrer mit Zahlungsfunktion durchsichtiger gestalten.
Der neue Deal ist trotzdem der alte. Denn für dasselbe Geld, das die Bahncard kostet, ist auch der Kreditkartenzusatz der Citibank zu haben, die dann aber immer noch ausführliche Angaben zu den persönlichen Einkommensverhältnissen verlangt. Dafür bezahlt die Bank die fünf Mark für das Automatenfoto, das auf jede Bahncard gedruckt wird – und bei Verlust oder Diebstahal erstattet sie das Stück Plastik kostenlos.
Die Bahn alleine verlangt in diesem Fall 50 Mark für den Ersatz. Einziger Vorteil der puren Bahncard: Die Angaben zu den persönlichen Einkommensverhältnissen entfallen. Die bereits gespeicherten Daten würden wieder gelöscht, verspricht die Bahn – und Minderjährige erhielten automatisch die „Bahncard pur“.
Beide Unternehmen sagten gestern, sie hofften, daß die öffentliche Diskussion damit „versachlicht“ werde und der „Kunde die Wahlmöglichkeit auf den ersten Blick“ erkenne. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände anerkennt einen gewissen Fortschritt, verweist aber darauf, daß die Geschäftbedingungen im einzelnen noch nicht bekannt seien. Auch sei mit neuen Antragsformularen erst im August zu rechen. Völlig offen ist außerdem, ob der Regelung auch die Wettbewerbszentrale zustimmt, die wegen unlauteren Wettbewerbs gegen den Verbund von Citibank und Bahn protestiert und ein Verbot des Koppelgeschäfts androht. Die beiden Unternehmen müßen zum Ende des Monats eine Erklärung abgeben. Anstoß erregt bei den Wächtern über den fairen Wettbewerb weniger der erzwungene Einblick in die persönliche Finanzlage als vielmehr das Sonderangebot zum Nulltarif. Tatsächlich läßt sich die Citibank ihren Kundenfang einiges kosten. Denn die Bahn ist an den Umsätzen der Kreditkarten beteiligt. Nach ihren Angaben sind bisher etwa 100.000 Anträge eingegangen, davon sollen nur 20.000 die Bahncard ohne Zahlungsfunktion verlangt haben. nh
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