: „Ablenkung von inneren Problemen“
■ Bruska Shaways von der irakisch-kurdischen KDP über die Ziele des türkischen Einmarsches und Ankaras Interessen im Nordirak
Bruska Shaways (39) ist Verantwortlicher der KDP für das Gebiet Kirkuk-Suleymaniya in Irakisch- Kurdistan.
taz: Warum der Einmarsch?
Bruska Shaways: Die Türkei begründete ihn mit einem Angriff der PKK auf eine türkische Transformatorenstation in der Nähe der türkisch-irakischen Grenze. Aber wir wissen, daß türkische Soldaten die Station beschossen und die Stromverbindung in die irakisch- kurdische Provinz Dohuk unterbrochen haben. Für mich ist das sogenannte PKK-Problem ein Vorwand der Türkei, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Das türkische Militär will schließlich beschäftigt werden.
Beim türkischen Einmarsch im Frühling behauptete die KDP, sie sei vorher nicht darüber informiert worden. Mittlerweile hat eine KDP-Delegation Ankara besucht. Was hat sich seither geändert?
Nichts. Wir wurden wieder nicht informiert. Wir fordern nach wie vor von der PKK und der Türkei, daß sie ihre Probleme im eigenen Land und nicht auf unserem Boden lösen. Zudem sind wir keine Söldner, die für die Türkei ihre Grenze schützen müssen.
Der neue Einmarsch scheint beschränkt zu sein. Rechen Sie in nächster Zukunft mit einem größeren Einmarsch?
Wenn die Türken kommen, dann nicht wegen der PKK, sondern wegen des alten Anspruches auf das osmanische Vilayet Mosul im Nordirak, das sie gerne der Türkei angliedern würden. Es gibt Dokumente aus dem Jahr 1983, wo von solchen Plänen – die die USA übrigens unterstützten – die Rede ist. Jetzt wäre die Zeit wieder günstig. Es gibt genügend Gründe: die Gefahr durch die PKK, einen feindlichen Iran und Irak und ein Machtvakuum bei uns.
Das Machtvakuum besteht seit über einem Jahr. KDP und PUK haben seit sechs Monaten nicht direkt miteinander verhandelt.
Beim Krieg zwischen PUK und KDP geht es um Macht. Wir wollten die Machtverhältnisse durch Wahlen verändern, die PUK militärisch. Das Problem kann nicht durch Verhandlungen gelöst werden. Interview: Cristina Karrer
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