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Badehosen in Handschellen

■ Ein Großaufgebot von Polizei nahm bei einer Razzia im Schwimmbad am Poststadion 16 Jugendliche fest, die einen Bademeister bedroht haben sollen / Augenzeugin: "Eine unverhältnismäßige Aktion"

Die Sommerhitze der vergangenen Tage hat so einige Gemüter zum Kochen gebracht: Im Schwimmbad am Poststadion in Tiergarten brodelte es bei uniformierten Ordungshütern und pubertären Planschern am vergangenen Freitag ganz besonders. Etwa 40 Polizisten waren bei einer Razzia im Einsatz, um 16 Jugendliche Badehosen in Handschellen abzuführen, die mutmaßlich einen Schwimmeister das Fürchten gelehrt hatten.

Bereits am Donnerstag nachmittag sei es zu Randale im Schwimmbad gekommen, sagt Jürgen Pohle, stellvertretender Amtsleiter des Sport- und Bäderamtes Tiergarten. Jugendliche Krawallmacher hätten Badegäste ins Wasser geschubst und den gesperrten Sprungturm besetzt. Als der Schwimmeister einschreiten wollte, hätten sie ihm gedroht. Der benachrichtigte die Polizei, vor der die leichtbeschürzten Jungs die Flucht ergriffen. „Das kann man nicht hinnehmen. Schließlich haben wir eine Verantwortung“, meint Pohle.

Aufgrund der Vorfälle am Donnerstag kam es am Freitag dann zur Razzia. Immerhin habe der Verdacht auf eine Straftat, nämlich der Bedrohung und Nötigung, bestanden, erklärt Christine Schubert von der Polizeipressestelle. „Die Polizei war entschlossen, jetzt richtig ranzugehen, damit das nicht gleich wieder so losgeht wie im letzten Sommer“, sagt sie. Am Freitag selbst habe es allerdings keine Randale gegeben. Auch sei es noch zu keiner körperlichen Auseinandersetzungen gekommen.

Das kann eine Augenzeugin nur bestätigen: „Es war total friedlich. Plötzlich stürmt eine Horde von Polizisten mit Schäferhund und Knüppeln das Bad und führt ein paar ausländische Jugendliche in Handschellen ab“, empört sich die Zeugin. Ein etwa 10jähriges Kind sei auch festgenommen worden. Einen Grund habe sie nicht erkennen können. „Das war total unverhältnismäßig.“

„Wir kennen unsere Pappenheimer“, meint dagegen Christine Schubert. Bei den Jugendlichen habe es sich um „alte Bekannte“ der Polizeitruppe gehandelt, die Spezialisten für „Gruppengewaltintensivtäter“ seien. Willkürlich sei es dabei nicht zugegangen. Zwei der mutmaßlichen Randalierer werden jetzt der Bedrohung des Bademeisters beschuldigt. Der Verdacht muß aber noch bewiesen werden. „Das regelt die Staatsanwaltschaft.“ Einer der „Pappenheimer“ werde im Zusammenhang mit einem Raubüberfall gesucht. „Das sind keine Chorknaben. Die haben mit unseren Gesetzen nicht viel am Hut.“

Der Schwimmbad-Ärger ist nichts Neues. In den vergangenen Jahren standen Diebstahl, Gewalttätigkeiten und Schlägereien in den Badeanstalten immer häufiger auf der Tagesordnung. Das Columbiabad in Neukölln hatte die Polizeipräsenz um die sonnen- und badehungrigen Massen deshalb in der Saison 1993 verstärkt. In Wedding war eine Doppelstreife von „Schwarzen Sheriffs“ angeheuert worden. Silke Fokken

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