: Weichgele als Sand im Getriebe
■ Grundwassergefährdung überschattet die Bauarbeiten am Potsdamer Platz / Heute Erörterungstermin für Sony / BUND klagt gegen Genehmigung für debis
Die Baustelle am Potsdamer Platz wird für die Investoren voraussichtlich teurer und langwieriger als erwartet. Denn die Firma Sony muß sich für ihre Baugrube nach einer neuen Technik zur Abdichtung gegen Grundwasser umsehen, wenn sich die Gefährdung des Grundwassers durch die bisher dort geplanten Weichgele bestätigt. Der Umweltverband BUND dagegen hofft, mit dem Argument der Gefährlichkeit dieses Materials eine Klage gegen die wasserrechtliche Genehmigung beim debis-Bau durchzusetzen. Für Sony bedeutet das mögliche Umschwenken auf ein anderes Bauverfahren nach Schätzungen der Grünen einen Mehraufwand von etwa 50 Millionen Mark. Eine erfolgreiche Klage gegen die debis-Genehmigung könnte das Bauvorhaben von Daimler-Benz verzögern.
Bei der Sony Berlin GmbH gab sich Pressesprecherin Karin Püttmann gestern zugeknöpft: „Kein Kommentar“, hieß es zu den Bauplänen. Kein Wunder: Heute findet bei der Umweltbehörde der Erörterungstermin für die Einwendungen gegen das Bauvorhaben statt. Und da werden die Pläne des Investors, die bisher eine Abdichtung der Baugrube mit den umstrittenen Weichgelen vorsahen, auf wenig Gegenliebe stoßen: Denn nach den Funden hoher Konzentrationen von Aluminium, Silizium und Natrium im Grundwasser, die aus den Weichgelen ausgetreten sein sollen, hatte Umweltstaatssekretär Lutz Wicke vor zwei Wochen die Genehmigung dieser Verfahren erst einmal gestoppt (die taz berichtete). Ein Gutachten soll Klarheit schaffen.
Die umweltpolitischen SprecherInnen der Grünen, Hartwig Berger und Judith Demba, haben gestern die Umweltbehörde davor gewarnt, die Anwendung der Weichgele doch zu genehmigen. Im Gegenteil solle „Wasserschutz vor Vertrauensschutz“ gehen: Die erteilten Genehmigungen sollten widerrufen werden: „Nach § 49 Nr.3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes können Genehmigungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zurückgezogen werden.“ Davon aber will die Umweltbehörde erst einmal nichts wissen: „Solange das Gutachten keine gesicherten Erkenntnisse liefert, gibt es keinen Grund, die Genehmigung zu widerrufen“, so Dolf Straub von der Behörde.
Oberwasser bekommen hat auch der BUND bei seiner fast vergessenen Klage gegen die wasserrechtliche Genehmigung für den debis-Bau. Die Umweltschützer hatten moniert, daß nach der ersten, öffentlich diskutierten Genehmigung „hinter verschlossenen Türen“ der Umweltbehörde eine zweite Erlaubnis erteilt worden sei. Diese zweite, jetzt gültige Erlaubnis sieht nach Angaben des BUND eine veränderte Grundwasserbehandlung und den vorher nicht geplanten Einsatz von Weichgelen vor. Diese Änderung, vom Senat damals als „nur geringfügig“ eingestuft, sei nicht nur „grobschlächtig“, so Stefan Bundscherer vom BUND, sondern sie sei auch strafrechtlich relevant: „Es handelt sich um fahrlässige Wasserverunreinigung.“
Die Hoffnung der Grünen, mit Verweis auf die Gefährlichkeit der Weichgele auch das ungeliebte Projekt des Tiergartentunnels zu kippen, erweist sich allerdings als falsch. Nach Angaben von Senatsbauverwaltung und der „Projektgesellschaft für Verkehrsanlagen im zentralen Bereich“ (PVZB) wird beim Tunnel nicht mit Weichgelen, sondern mit der alternativen Vorgehensweise des Unterwasserbetons geplant. Bernhard Pötter
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