Müllmarkt kommt in Wallung

■ Familienbetrieb Nehlsen wird zur Konkurrenz für staatliche Müllabfuhr

Die Zeiten des großen Müllwunders sind vorbei. Die Schrottpreise sind weltweit im Keller, Kunststoff ist allenfalls in der thermischen Verwertung rentabel, Pappe zu recyceln lohnt sich erst ab einer bestimmten Dicke. Die mittelständischen Müllfirmen müssen sich umstellen. „Man kann schon lange nicht mehr von Highlights sprechen, eher von Downlights“, sagt Peter Hoffmeyer vom Entsorgungsunternehmen Nehlsen.

Das Bremer Familienunternehmen hat sich daher mit fünf weiteren Entsorgern zusammengeschlossen. Zwischen Kiel und Passau sollen die rund 6.000 MitarbeiterInnen Abfall sammeln, sortieren und entsorgen. Zudem wollen sie in zukunftsträchtige Anlagen zur Auto- und Elektronikschrottverwertung investieren.

Nehlsen erwartet große Aufträge aus der Auto- und der Elektronikindustrie. Seit Jahren bastelt nämlich das Umweltministerium an Verordnungen: Die Unternehmen sollen per Gesetz gezwungen werden, ihre Produkte nach Gebrauch zurückzunehmen. Die großen Entsorger der Energiekonzerne wie RWE oder Veba, Müllkonzerne wie Rethmann oder Trienekens sitzen bereits in den Startlöchern und drücken den Mittelständlern die Luft ab. „Im Prinzip sind wir billiger“, sagt Hoffmeyer. Vor allem aber flexibler und schneller beim Kunden. Wenn bei einer kleinen Tankstelle am Samstag nachmittag der Benzinabscheider versagt, und Benzin und Wasser schon aus den Gullideckeln quellen, könnte ein kleines Unternehmen in Bremen das Problem lösen. „Die Großen sitzen doch weit weg und schicken dann garantiert keinen.“

Doch Industrieunternehmen bevorzugen die Müllkonzerne. Ihnen trauen sie eine bessere Logistik und Ausrüstung zu. Gemeinsam wollen die sechs Kleinen daher in der „Zentek Gesellschaft für Kreislaufwirtschaftssysteme“ handeln und Demontagezentren und Verwertungsanlagen aufbauen. Nehlsen konkurriert damit in Bremen in Zukunft verstärkt mit den Bremer Entsorgungs Betrieben (BEB). Hoffmeyer und Alexander Vedder, Sprecher der BEB, sprechen lieber von „Kooperation“. Seit Jahren arbeitet Nehlsen für die BEB, leert in Bremen Nord die Mülltonnen, schlürft in den Parzellengebieten das Sickerwasser ab.

Da die BEB weiterhin städtisch sind, können sie nur schleppend auf dem Müllmarkt Geld verdienen. „Die Selbständigkeit der BEB muß jetzt vehement vorangetrieben werden“, sagt Alexander Vedder. „Sonst fährt der Zug ab“. Die lukrativen Aufträgen der Zukunft übernimmt dann Nehlsen: billiger und flexibler. ufo