„Diese Diskussion ist absurd“

■ Renate Schmidt, Landesvorsitzende der bayerischen SPD, zum Schröder-Scharping-Konflikt und zur Lage der Partei in Bayern

taz: Schröder kontra Scharping – die SPD spielt Sommertheater?

Renate Schmidt: Ich halte diese Diskussion für absurd. Dieses Jahr ist nur eine einzige Entscheidung zu treffen, die der Wahl des Parteivorsitzenden, und ich sehe niemanden der diese Position Rudolf Scharping streitig machen wollte. Es gibt keinen anderen Entscheidungsbedarf, insofern ist diese Diskussion überflüssig und schädlich für Rudolf Scharping, für Gerhard Schröder und insbesondere für die SPD und das Projekt, das wir vorrangig verfolgen sollten, nämlich den Regierungswechsel in Bonn baldmöglichst herbeizuführen.

Mal dementiert Schröder heftig, mal pocht er auf Scharpings Garantie, 1998 eine Mitgliederbefragung durchzuführen. Spielt Schröder mit falschen Karten?

Ich verstehe das ganze überhaupt nicht. Natürlich ist es Aufgabe eines jeden Ministerpräsidenten, sich für die Interessen seines Bundeslandes einzusetzen, aber man muß nicht gleich jeden Brief öffentlich machen. Viele Briefe von mir haben auch ihren Empfänger ohne jedes weitere Brimborium erreicht. Die Frage des Mitgliederentscheids ist völlig unstrittig. Da muß niemand daran erinnert werden, das ist Beschlußlage der Partei. Ich weiß nicht, ob jemand mit falschen Karten spielt. Ich habe manchmal das Gefühl, daß man einfach etwas sagt und zuwenig nachdenkt, ob man dem Gesamtprojekt dient oder schadet.

Aber Schröder ist doch politischer Profi, der um die Wirkung seiner Worte weiß.

Ich habe manchmal den Eindruck, daß persönliche Eitelkeiten, manchmal durch Selbstüberschätzung und ähnliches dazu führen, daß es zur Hauptsache wird, irgendwo gedruckt zu werden und die Schlagzeilen zu bestimmen. Egal mit was. Zudem gibt es Medien, die darauf willfährig anspringen, obwohl sie eigentlich erkennen müßten, daß dies ein absoluter Blödsinn ist.

Sie sprechen auch Ihren bayerischen Generalsekretär Albert Schmid an, der offen Schröder favorisiert?

Ich habe mich informiert. Es handelt sich hier um ein aus einer Rede selbstgemachtes Interview. Trotzdem. Gesagt ist gesagt. Fest steht, daß auch dieses nicht sonderlich hilfreich war.

Zwischen Ihnen und Ihrem Generalsekretär gibt es oft Dissens ...

... nein, es gibt aber oft einen Dissens, der von außen hereingetragen wird. An manchen Stellen gibt es vielleicht Rollenfindungsschwierigkeiten, aber nicht bei mir.

Sind Schmidt & Schmid das richtige Gespann, um in Bayern „die CSU vor sich herzujagen“, wie Sie es kurz nach den Landtagswahlen versprochen hatten?

Ich habe da einen Erwartungshorizont aufgebaut, den man so nicht hätte aufbauen sollen. Das war mein Fehler. Es ist halt nun einmal so, daß die Opposition leider nicht allein die Themen bestimmen kann. Die bestimmen diejenigen, die handeln. Wir können leider Gottes oft nur reagieren. Eigene Initiativen gehen da unter. Das Interesse wecken meist nur die Dinge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dann auch Wirklichkeit werden. Ich glaube aber, daß sich unsere Arbeit in der SPD- Landtagsfraktion deutlich verbessert hat. Ich glaube auch, daß die Zeit von Einzelkämpfern und einsamen Tänzerinnen vorbei ist.

Sie sind keine „einsame Tänzerin“ an der Spitze der bayerischen SPD?

Ich bin es manchmal immer noch zu sehr, daß ist richtig, aber das ist schon viel besser geworden. Aber es gibt eben immer wieder einige, die glauben, sie müßten sich zu Lasten der gesamten Fraktion profilieren. In einer Zeit, wo jede Äußerung eine Wichtigkeit erlangt, die sie in Wirklichkeit gar nicht hat, gibt es da einfach kein Rezept dagegen, diesen Leuten den Mund zu verbieten. Das werden die auch gar nicht zulassen, aber man muß diesen Äußerungen den richtigen Stellenwert zumessen. Interview: Bernd Siegler