: Rau für neue Flüchtlingskontingente
Die meisten Flüchtlinge aus Bosnien kamen bisher illegal und wurden nur in der Bundesrepublik geduldet. Sonderkontingente für spezielle Flüchtlingsgruppen sind jedoch umstritten ■ Von Christian Rath
Berlin (taz) – Pünklich zum 25jährigen Jubiläum als Mitglied der nordrhein-westfälischen Landesregierung bewies Ministerpräsident Johannes Rau wieder einmal welch „guter Mensch“ er ist. In einem Interview mit der in Dortmund erscheinenden Westfälischen Rundschau forderte er: „Kriegsflüchtlinge müssen, solange Krieg herrscht, in friedlichen Ländern leben können.“ Indirekt forderte er damit die Einrichtung neuer Kontingente für die Aufnahme bosnischer Flüchtlinge. Entscheiden kann Rau darüber nicht alleine. Vielmehr ist ein einvernehmlicher Beschluß zwischen dem Bund und den Ländern erforderlich. Bayern signalisierte bereits, schon genug getan zu haben.
Insgesamt leben in der Bundesrepublik derzeit zwischen 350.000 und 400.000 bosnische Flüchtlinge. Etwa 11.000 von ihnen sind im Rahmen von staatlich beschlossenen Kontingenten ins Land gekommen. Kontingent-Flüchtlinge werden nach demselben Schlüssel wie AsylbewerberInnen auf die Bundesländer verteilt. Für die Kosten kommen Bund und Länder gemeinsam auf. Von den restlichen Flüchtlingen ist etwa jeder fünfte auf Einladung von Deutschen oder – in der Regel – von hier lebenden Verwandten eingereist. In diesen Fällen müssen die Einladenden eine Verpflichtungserklärung abgeben, wonach sie für sämtliche Kosten aufkommen.
Die Mehrheit der Flüchtlinge hat sich jedoch auf eigene Faust in die Bundesrepublik durchgeschlagen, sei es mit einem TouristInnenvisum oder mit Hilfe von Schlepperorganisationen. Wenn sich Bund und Länder ihrer „großen Aufnahmebereitschaft“ rühmen, werden diese Flüchtlinge gerne mitgezählt. Lange Zeit waren sie wegen ihres an sich illegalen Aufenthalts nur „geduldet“, das heißt: die Abschiebung wurde aus humanitären Gründen zeitweise ausgesetzt. Erst vor wenigen Wochen empfahl die Innenministerkonferenz der Länder eine Umwandlung der halbjährigen Duldungen in einjährige Aufenthaltsbefugnisse. Die meisten Länder haben diese „Legalisierung“ der Flüchtlinge inzwischen nachvollzogen.
Beobachter in Bosnien halten die Einrichtung neuer Bosnien- Kontingente für sinnvoll, wenn sie speziell für geschwächte Menschen in den eingeschlossenen Schutzzonen eingerichtet werden. Würde das Kontingent allerdings auf eine zu eng beschriebene Gruppe zugeschnitten, besteht die Gefahr, daß es letztlich gar nicht voll ausgenutzt werden kann. So wurde Ende 1993 ein Sonderkontingent für 6.000 „traumatisierte Frauen“ eingerichtet, das nach Informationen des Brandenburger Sozialministeriums heute immer noch nicht voll ausgeschöpft ist.
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