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Weniger als Scherf

■ SPD-Länder in Bonn auf Waigel-Kurs

„Da verliert man jegliches Profil“, entsetzt sich der Schatzmeister der Bremer SPD, Heiner Erling, der derzeit Ferienvertreter des Landesvorstandes ist. „Ich kann mir nicht vorstellen“, sagt er, daß der zwischen Lafontaine und Waigel ausgehandelte „Kompromiß“ zum Jahresssteuergesetz die Zustimmung der bremischen SPD findet. (s. Bericht S. 4) Partei und Fraktion seien in den Sommerferien von der Angelegenheit überrascht worden und würden erst in den nächsten Wochen dazu ihre Meinung festlegen können. Sicher sei, daß die Bremer SPD die Haltung von Bürgermeister Scherf zu der Frage „nicht einfach zur Kenntnis nehmen“ würden.

Scherf hatte am Dienstag auf der Landespressekonferenz mitgeteilt, er werde am kommenden Montag bei der Suche nach einem Kompromiß „eine Rolle spielen“. In der Sache lehnte Scherf wie Schröder die von der SPD und von Scharping geforderten sozialpolitischen Ziele als zu teuer für die Länder ab.

Was Scherf offenbar nicht wußte: schon am Donnerstag dieser Woche sollte im kleinen Kreis der Kompromiß ausgehandelt werden, am Montag im Vermittlungsausschuß wird der nur noch abgesegnet werden. Lafontaine als SPD-Verhandlungsführer kam Waigel noch mehr entgegen als es Scherf vorhatte: Nicht nur das steuerfreie Existenzminimum soll auf der Waigel-Zahl von 12.000 Mark festgelegt werden, auch das Kindergeld soll 1996 nur 200 Mark betragen. Die SPD hatte 250 gefordert, für Scherf lag der Kompromiß am Dienstag noch bei 220 Mark.

„Ein fairer Kompromiß“, entfuhr es Theo Waigel zur späten Stunde nach der erfolgreichen Verhandlung, „wir haben jetzt einen gemeinsamen Schnaps verdient.“ SPD-Verhandlungsführer Lafontaine dazu: „Gewinner sind die Familien und die Steuerzahler“. K.W.

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