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■ Hermann Rückwardts Berlin-Fotos im Märkischen Museum

Oranienbrücke, 1908, PlatinotypieFoto: Nicolai

Wer Berlin um die Jahrhundertwende kennenlernen will, der sollte sich Fotos von Hermann Rückwardt (1845-1919) anschauen. Man baute viel damals in der Gründerzeit – und riß ab, was der metropolitanen Planung der Reichshauptstadt im Wege stand. Rückwardt, mehr als nur architektonischer Laie, war einer von denen, die mit der Kamera Historie mitformten. In seiner belichteten Baugeschichte hat er Dokumente eines heute nur noch fragmentarisch erhaltenen Stadtbildes überliefert.

Rückwardt, mit Atelier, Labor auf Rädern und Gehilfen technisch bestens ausgestattet, spezialisierte sich früh auf Architektur. Zu den Auftraggebern gehörte sogar der Kaiser selbst. Geschäftstüchtig wie er war, gründete er einen eigenen Verlag und gab seine Fotos in Mappen heraus. Das Märkische Museum stellt nun einen Teil seiner umfangreichen Sammlung von Rückwardt- Fotos aus: Abzüge auf Albumin- oder Kollodiumpapier, Lichtdrucke oder Platinotypien. Fotos von Brücken und Palästen, von Parks und Villen, von Geschäftshäusern und Bahnhöfen, Kirchen und Synagogen. Historismus, hie und da Jugendstil-Ornamentik. Überladene Interieurs und noble Ingenieurbauten. Fassaden und Innenräume, präzise aufgenommen und optimal ausgeleuchtet. Trotz der wehmütigen Gedanken, die sich beim Blick auf die vergessenen Bauten einstellen, Nostalgie tritt nicht ein. Das ist angesichts des nüchtern registrierenden Blicks von Rückwardt auch kaum denkbar.

Die Ausstellung ist übersichtlich, gut gegliedert, eine runde Sache. Der Katalog liefert weitere Informationen zu Leben und Werk des Künstlers. Hinweise auf das Schicksal der Bauten finden sich ebenfalls, wenn auch leider nur sporadisch. Und man kann die Fotos im detailschärferen Neudruck noch besser studieren. Michael Nungesser

Bis 3. 9., Di-Sa, 10-18 Uhr. Märkisches Museum, Am Köllnischen Park 5, Mitte. Katalog bei Nicolai: 48 DM.

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